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Italien Italien: Kapitän nach Schiffsunglück festgenommen

Von Frances D'Emilio und Nicole Winfield 14.01.2012, 20:28
Das Kreuzfahrtschiff «Costa Concordia» vor der Küste der Toskana. (FOTO: DPA)
Das Kreuzfahrtschiff «Costa Concordia» vor der Küste der Toskana. (FOTO: DPA) ANSA

Porto Santo Stefano/Italien/dapd. - Nach der Havarie eines Kreuzfahrtschiffs vor der Küste Italiens haben die Rettungskräfte am Samstag unter Hochdruck die Suche nach Vermissten fortgesetzt. Mindestens drei Menschen starben und 70 wurden nach Behördenangaben verletzt, als die „Costa Concordia“ am Abend zuvor mit insgesamt 4229 Passagieren und Besatzungsmitgliedern an Bord vor der Insel Giglio aufgelaufen war.

Unter den Verletzten waren auch etwa zehn Deutsche, wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle am späten Samstagnachmittag sagte. „Ich kann, weil es immer noch Vermisste gibt, nicht ausschließen, dass es auch noch andere schlimmere Nachrichten geben kann“, fügte er hinzu. Nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse sei keiner der Deutschen ums Leben gekommen, sagte Werner Claasen, Sprecher von Costas Deutschland, am Nachmittag Reuters. Die ersten deutsche Reisenden wurden noch am Samstag zurück in ihrer Heimat erwartet. Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) befanden sich 485 Passagiere mit deutscher Staatsangehörigkeit auf dem Schiff.

Zwtl: Medien: Kapitän festgenommen

Wieviele Menschen genau noch vermisst wurden, war bis zum Abend nicht klar. „Wie können bei den Zahlen nicht sicher sein“, räumte der Leiter der Feuerwehrrettungskräfte vor Ort, Ennio Aquilini, ein. „Es könnten zehn, 20 oder bis zu 40 sein, aber ich kann nicht genauer werden. Es besteht die Möglichkeit, dass es keine Vermissten gibt.“ Ein Problem war nach Angaben des Polizeichefs der nahegelegenen Ortschaft Grosseto, Giuseppe Linardi, dass die Passagierliste noch nicht mit der Liste derjenigen abgeglichen wurden, die bereits von der Insel ans toskanische Festland in die Hafenstadt Porto Santo Stefano gebracht worden waren. Bei den Toten handelte es sich nach Angaben eines Behördenvertreter um zwei französische Touristen und ein peruanisches Crew-Mitglied.

Auch die Ursache des Unglücks war weiter unklar. Die Behörden nahmen Strafermittlungen auf wegen möglicher fahrlässiger Tötung. Italienische Nachrichtenagenturen meldeten die Festnahme des Kapitäns. Ein Sprecher der Betreibergesellschaft Costa Crociere sagte, das Schiff sei offenbar unter Wasser gegen einen Felsen gerammt. Der Schiffskommandant sagte in einem Fernsehinterview, der Felsen sei auf Seekarten nicht eingezeichnet. Ein Sprecher der Küstenwache sagte dem Fernsehsender SkyTG24, er wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen, sondern den Ausgang der Ermittlungen abwarten.Das 290 Meter lange Schiff war in ruhiger See aufgelaufen an einer Stelle, an der das Meer unweit vom Strand der Insel Giglio 15 bis 20 Meter tief ist. Wenig später kippte es zur Seite, ein langer Riss war zu erkennen.

Zwtl: Ringen um Schwimmwesten

Nach Angaben von Passagieren ereignete sich das Unglück während des Abendessens. „Wir hatten uns gerade zu Tisch gesetzt, als wir diesen lauten Knall hörten“, sagte Maria Parmegiano Alfonsi im italienischen Fernsehen. „Ich denke, wir sind auf einen Felsen aufgelaufen. Es herrschte große Panik, Tische kippten um, Gläser flogen durch die Gegend und wir sind an Deck gerannt, um unsere Schwimmwesten anzulegen.“ Ein anderer Gast sagte: „Der Strom fiel aus und alle schrien laut auf. Alle rannten auf und ab und dann zu ihren Kabinen, um herauszufinden, was passiert ist.“

„Ich war sicher, dass ich sterben würde“, sagte die 65-jährige Antonietta Sintolli. „Die Leute versuchten sich gegenseitig die Schwimmwesten zu stehlen. Wir konnten nur für die Kinder welche bekommen.“ Augenzeugen zufolge hatten die zumeist asiatischen Besatzungsmitglieder erhebliche Probleme, Ordnung in das Chaos zu bringen, zumal nur wenige von ihnen italienisch gesprochen hätten. „Es war die totale Panik. Die Menschen führten sich auf wie Tiere. Wir mussten viel zu lange warten, um in die Rettungsboote zu kommen“, sagte die 47-jährige Patrizia Perilli. Das schwimmende Hotel mit mehreren Pools, Kinos und einer Diskothek kenterte nach Angaben von Costa Deutschland auf der Etappe von Civitavecchia bei Rom nach Savona. Als weitere Stationen waren demnach Marseille, Barcelona, Palma de Mallorca, Cagliari und Palermo geplant. Das zwischen 2004 und 2005 für 450 Millionen Euro gebaute Schiff wird von einer Tochtergesellschaft des Kreuzfahrtkonzerns Carnival betrieben. Das US-Unternehmen zählt zu den Branchenriesen und besitzt unter anderem den deutschen Marktführer Aida.