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Italien Italien: Gedenken an tödliche Schüsse auf Gianni Versace

Von Axel Botur 09.07.2007, 08:07
Am 15.07.1997 wurde Gianni Versace, hier ein Foto vom 15. September 1994, in Miami Beach im US-Bundesstaat Florida ermordet. (Foto: dpa)
Am 15.07.1997 wurde Gianni Versace, hier ein Foto vom 15. September 1994, in Miami Beach im US-Bundesstaat Florida ermordet. (Foto: dpa) dpa

Mailand/dpa. - Als erzurückkehrte, trat ein junger Mann an ihn heran und schoss ihm zwei Kugeln in den Hinterkopf. Italiens schillerndster Modeschöpfer sackteauf den Stufen vor seiner prachtvollen Villa zusammen. Wenige Minutenspäter war er tot. Jäh war der 50 Jahre alte Designer aus dem Zenitseines Schaffensprozesses gerissen worden.

Im Schneideratelier seiner Mutter hatte Gianni Versace aus Reggiodi Calabria bereits als Junge seine Liebe für Stoffe und Kleiderentdeckt. Aus dem tiefen Süden Italiens machte er sich 1972 auf, umin Mailand der italienischen Mode eine Facette zu geben, die ihrbisher fremd war. Mit Pomp, Glamour und Sex schuf er die Antithesezur asketischen Eleganz Giorgio Armanis. «Armani zieht die Ehefrauan, Versace die Geliebte» - so wurde das Weltbild der beiden auf denPunkt gebracht.

Denjenigen, die seine Mode als vulgär bezeichneten, entgegneteVersace in einem Interview: «Die Frage ist nicht, ob ein Mädchen imMinirock eine Schlampe ist, sondern was die Gesellschaft darüberdenkt. Mit meiner Arbeit versuche ich diese Denkmuster aufzubrechen.»Die Nachricht von seinem Tod verbreitete sich in Windeseile. SeineFamilie erreichte sie in Rom, wo man gerade die letztenVorbereitungen für ein Defilee traf. Gianni Versaces Bruder Santokümmerte sich im Unternehmen um die Finanzen, Schwester Donatella wardas weibliche Alter Ego des Designers, seine wichtigste Vertraute inkreativen Fragen.

In Miami identifizierte das FBI bald den 27-jährigen AndrewCunanan als mutmaßlichen Täter. Ein homosexueller Callboy, demvorgeworfen wurde, vor Versace bereits vier weitere Männer getötet zuhaben. Sagen zu all dem konnte Cunanan nichts mehr - kurz vor seinerFestnahme beging er Selbstmord. Das fehlende Geständnis ließ Raum fürSpekulationen. Kannten sich Opfer und Täter? Hatten Sie gar einLiebesverhältnis? Oder steckte hinter dem Mord doch die Mafia? DerenGeldwäscher zu sein, wurde Versace immer wieder bezichtigt, ohne dassjemals Beweise für diese Anschuldigungen auftauchten.

Maximalist, Sonnenkönig, Cäsar - viele Titel verlieh man demcharismatischen Designer, der lebte, wie er Mode machte und seinenReichtum gern zur Schau stellte. Er war ein begnadeter Visionär, deraus den Tiefen der Kunstgeschichte zu Tage geförderte Ornamente inopulenten Mustern verschmelzen ließ. Der bei Stoffen kühn alleSchranken einriss und etwa profanen Denim mit kostbarem Brokatkombinierte. Aus Models machte Versace Supermodels und zahlte ihnentausende Dollar Gage für ein paar Schritte über den Laufsteg. FürPrinzessin Diana schuf er den Look zu ihrem Wandel von derschüchternen Thronfolgergattin zur selbstbewussten Frau. Überhauptliebte ihn die Prominenz und er liebte die Stars wie Madonna oderElton John.

Die Testamentseröffnung im Hause Versace brachte eineÜberraschung: Nicht seine Geschwister, sondern die geliebte NichteAllegra erbte mit einem 50-Prozent-Anteil den größten Teil desUnternehmens. Ihre Mutter, Donatella Versace, übernahm die kreativeFührung. «Mein Bruder war ein Genie. Ich bin es nicht. Aber Gianniwar der beste Lehrmeister, den ich haben konnte», sagte die heute 52-Jährige. Zunächst drohte Donatella an ihrer neuen Aufgabe zuscheitern. Die Kollektionen, bei ihm in aller Opulenz doch raffiniertgeraten, unter ihrer Regie waren sie nur noch schrill. Das Image derMarke sackte parallel zu den Umsätzen in den Keller. Ein jähes Endedes Labels mit dem prägnanten Medusen-Haupt schien besiegelt.

Vor gut drei Jahren begann ein Sanierungsprozess - Giancarlo diRisio, ein erfahrener Modeprofi, übernahm das wirtschaftliche Ruder.Allegra Versace, 2004 volljährig geworden und nun Herrin über ihrErbe, setzte ihre neue Macht ein, um eine Wende einzuläuten. IhreMutter jedoch blieb Kreativchefin. Inzwischen gelingen ihrKollektionen, die als eine Neufassung des Versace-Stils gefeiertwerden. Zum 10. Todestag des Gründers hat die Marke ihren Reiz zurückgewonnen.