Schifffahrt IfW: Angriffe im Roten Meer lassen Schiffsankünfte sinken
Seit Beginn des Gaza-Krieges greifen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe im Roten Meer an. Große Reedereien meiden die Route zunehmend.
Kiel - Die Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer hinterlassen auch an den wichtigsten Containerhäfen an der Nordseeküste deutliche Spuren. „Gegenwärtig passieren über 80 Prozent weniger Container die Meeresstraße und den Suezkanal, als eigentlich zu erwarten wären“, berichtete das Wirtschaftsforschungsinstitut IfW am Mittwoch. „Das hat auch Folgen für deutsche Häfen wie Hamburg und Bremerhaven, wo die Menge an ankommenden Schiffen um 25 Prozent zurückging.“ Aber auch in Rotterdam und Antwerpen sei die Zahl der Schiffe in ähnlichem Ausmaß rückläufig, vergleiche man den Wochendurchschnitt 2023 mit dem vom Januar 2024.
„Die Streitkräfte der USA und von Großbritannien konnten bislang offenbar nicht für mehr Sicherheit auf der ehemals meistbefahrenen Handelsroute sorgen“, sagt IfW-Experte Julian Hinz. Allerdings sehe die Lage dramatischer aus, als sie gesamtwirtschaftlich sei. „Wir sehen momentan, dass Containerschiffe deutlich länger unterwegs sind als ursprünglich geplant, so dass in vielen Häfen Europas eine Lücke entstanden ist. Die dürfte sich aber wieder auf ein Normalmaß schließen, sobald der längere Fahrweg logistisch eingeplant ist.“
Seit Beginn des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden zunehmend die Route. Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer. Der Suezkanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa. Durch den Umweg ist das östliche Mittelmeer vor der Türkei, Griechenland und Sizilien weniger befahren. Ankünfte an Häfen in Süd- und Nordeuropa verzögern sich.
IfW-Daten zeigen auch, dass die Lage nicht mit den Verwerfungen der Pandemie vergleichbar ist. Die Menge weltweit verschickter Waren stieg im Januar sogar. Die Zahl verschiffter Standardcontainer lag bei über 14 Millionen Stück nahe am bisherigen Höchststand von vor rund zwei Jahren. „Vor allem die Menge weltweit verschiffter Waren zeigt, dass der Welthandel in keiner Krise steckt, sondern stabil geblieben ist“, sagte Hinz. „Zwar können einzelne Firmen unter Lieferverzögerungen leiden, insgesamt sind aber keine Engpässe bei Vorprodukten oder Konsumgütern zu erwarten.“
Die Frachtpreise von China nach Europa - diese Route führte bislang durchs Rote Meer und den Suezkanal - sind angesichts der verlängerten Routen deutlich gestiegen. Im Januar kostete der Transport eines Standardcontainers laut IfW zwischenzeitlich über 5000 Dollar. Ende 2023 waren es rund 1500 Dollar. „Die Preise liegen gegenwärtig aber immer noch weit unter den Rekordwerten von 2022, wo knapp 15.000 US-Dollar erreicht wurden.“ Hinz sieht keine größeren Folgen für die Abnehmer. „Frachtkosten machen nur einen sehr geringen Anteil an den Warenwerten aus, bei hochpreisigen Elektronikprodukten wie Laptops oder Mobiltelefone liegt der Anteil sogar nur im Promillebereich“, sagte der Ökonom.