Konflikte IfW: Angriffe im Roten Meer lassen Frachtmengen einbrechen
Seit Ausbruch des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden zunehmend die Route.
Kiel - Die Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer hinterlassen deutliche Spuren im weltweiten Containerverkehr auf See. „Die dort transportierte Menge an Containern brach um über die Hälfte ein und liegt aktuell fast 70 Prozent unter dem eigentlich zu erwartenden Aufkommen“, berichtete das Kiel Institut für Wirtschaftsforschung (IfW) am Donnerstag.
„Die Umleitung von Schiffen aufgrund der Angriffe im Roten Meer um das Kap der Guten Hoffnung in Afrika führt dazu, dass sich die Zeit für den Transport von Waren zwischen den asiatischen Produktionszentren und den europäischen Verbrauchern deutlich um bis zu 20 Tage verlängert", sagte der Handelspolitik-Experte Julian Hinz. Folgen für die Verbraucherpreise in Europa erwartet Hinz allerdings nicht.
Seit Ausbruch des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden zunehmend die Route. Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer. Der Suezkanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa.
Am IfW erfassen Ökonomen die weltweiten Schiffsbewegungen in Echtzeit. Damit können sie sehr präzise Verwerfungen in den Transportketten auf den Weltmeeren analysieren. Aktuell liegt das Transportvolumen via Rotem Meer nach IfW-Angaben bei nur rund 200.000 Containern pro Tag, nach rund 500.000 Containern im November. „Damit liegt das aktuelle Aufkommen 66 Prozent unter dem eigentlich zu erwartenden Volumen, berechnet aus dem Frachtaufkommen der Jahre 2017 bis 2019.“
Statt durch das Rote Meer fahren die Schiffe nun um Afrika und das Kap der Guten Hoffnung, der Umweg nimmt 7 bis 20 Tage in Anspruch. Die verlängerte Fahrzeit hat die Preise für Containertransporte - im Branchenjargon Frachtraten genannt - deutlich erhöht. „Der Transport eines 40-Fuß-Standardcontainers zwischen China und Nordeuropa kostet aktuell über 4000 US-Dollar, noch im November waren es rund 1500 US-Dollar“, so das IfW. „Der aktuelle Preis ist allerdings noch weit entfernt von den drastischen Ausschlägen während der Corona-Pandemie, als der Transport eines Containers auf dieser Route bis zu 14.000 US-Dollar kostete.“
Dennoch seien „keine spürbaren Folgen für die Verbraucherpreise in Europa zu erwarten, zumal der Anteil der Frachtkosten am Warenwert hochpreisiger Artikel etwa im Bereich Consumer-Elektronik nur im Promillebereich liegt“, so IfW-Experte Hinz. Auch größere Verwerfungen in den Lieferketten seien nicht zu erwarten. „Die Situation heute ist nicht mit dem Umfeld während des Ever-Given-Unglücks im Suezkanal und der Corona-Pandemie vergleichbar, als Lockdowns zu einem drastischen Rückgang des Warenangebots führten und gleichzeitig die Nachfrage in Europa nach oben schnellte.“