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Neues Selbstbestimmungsgesetz Hunderte Personen ändern Geschlechtseintrag und Vornamen

Seit dem 1. November können Menschen ihr bisher zugeschriebenes Geschlecht beim Standesamt ändern lassen. In Niedersachsen und Bremen ist die Nachfrage groß - aber auch der Beratungsbedarf.

Von dpa 10.02.2025, 06:00
Der Beratungsbedarf zum Thema Trans steigt.
Der Beratungsbedarf zum Thema Trans steigt. Julian Stratenschulte/dpa

Hannover - Seit gut drei Monaten ist es kostengünstig und unkompliziert möglich, seinen Geschlechtseintrag und Vornamen beim Standesamt ändern zu lassen. Einige Hundert Menschen haben bislang im Nordwesten davon Gebrauch gemacht, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Befragt wurden die zehn größten niedersächsischen Städte sowie das Land Bremen. 

Am 1. November 2024 trat das neue Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, Anmeldungen müssen drei Monate im Voraus bei den Kommunen eingehen. Sie sind schon seit dem 1. August 2024 möglich. 

Drei Monate als Bedenkzeit

In Hannover meldeten sich bis Ende Januar 317 Personen an. Die drei Monate dienen auch als Bedenkzeit. Danach kann bei einem Termin im Standesamt die Änderung im Personenstandsregister vorgenommen werden. Zur Wahl stehen männlich, weiblich, divers oder der Verzicht auf einen Geschlechtseintrag. In Hannover wechselten bisher 121 Personen vom Eintrag männlich zu weiblich oder umgekehrt. 38 Mal wurde divers eingetragen, 22 Mal auf einen Geschlechtseintrag verzichtet. 

Als „Meilenstein“ sieht Robin Ivy Osterkamp von der Landesfachstelle Trans* das neue Selbstbestimmungsgesetz. „Es ist sehr gut, dass die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens von der Einschätzung Dritter gelöst wird“, sagt Osterkamp. Zuvor waren unter anderem zwei psychiatrische Gutachten und ein Gerichtsbeschluss notwendig.

Transsexuellengesetz war in Teilen verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hatte mehrfach Vorschriften des früheren Transsexuellengesetzes für verfassungswidrig erklärt - so mussten die Betroffenen sich noch bis 2011 für eine Änderung des Geschlechtseintrags sterilisieren und geschlechtsangleichende Operationen vornehmen lassen. Dass eine Person sich nicht dem bei der Geburt zugeschriebenen Geschlecht zugehörig fühlt, gilt laut Weltgesundheitsorganisation nicht als Krankheit.

„Der Bedarf an Beratung zum Thema trans steigt jedes Jahr erheblich an. Es ist wichtig, dass wir auch im ländlichen Raum in Niedersachsen gute Beratungsangebote haben“, betont Osterkamp.

Die Stadt Bremen verzeichnete bis Anfang Februar 337 Anmeldungen, in Bremerhaven waren es 44. Änderungen durch sogenannte Erklärungen beim Standesamt gab es bisher 187 in Bremen und 26 in Bremerhaven. 

Wird das Gesetz nach der Bundestagswahl abgeschafft?

Die Stadt Oldenburg zählte vor einer Woche 231 Vorgänge. 92 Mal wurde ein neuer Eintrag beurkundet. Die Nachfrage war laut einem Stadtsprecher anfangs besonders groß. Zuletzt seien wieder mehr Anmeldungen eingegangen, da es von verschiedenen politischen Parteien Äußerungen gibt, nach der Bundestagswahl das Selbstbestimmungsgesetz wieder abschaffen zu wollen. 

Beim Braunschweiger Standesamt sind es bisher 147 Anmeldungen und 77 Änderungen. Die Stadt Göttingen verzeichnet 132 Anmeldungen und 79 neue Einträge. In Hildesheim gingen 123 Anmeldungen ein. 65 Änderungen des Geschlechtseintrags wurden inzwischen vollzogen. 58 Anmeldungen und 32 Beurkundungen sind es bisher in Lüneburg (Stand 3.2.2025).