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Hotel Adlon Berlin Hotel Adlon Berlin: Champagner zum 100. Geburtstag

29.10.2007, 20:48
Mit einer Lichtprojektion der historischen Fassade zeigt sich während eines Jubiläumsfestes zum 100. Geburtstag das Hotel Adlon in Berlin. (Foto: dpa)
Mit einer Lichtprojektion der historischen Fassade zeigt sich während eines Jubiläumsfestes zum 100. Geburtstag das Hotel Adlon in Berlin. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit(SPD) gratulierte dem Fünf-Sterne-Haus, das die wechselvolleGeschichte der Stadt in all ihren Höhen und Tiefen spiegele. Zu denGästen am Ehrentag gehörten auch Alt-Bundespräsident Walter Scheelund Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher.

Das Hotel Adlon war 1907 am Brandenburger Tor im Herzen Berlinseröffnet worden. Nach der weitgehenden Zerstörung des Gebäudes bliebder Name Adlon in DDR-Zeiten vor allem als Mythos glanzvoll, bis daszur Kempinski-Gruppe gehörende Haus 1997 als Neubau wiedereröffnetwurde. Am Abend lud das Hotel zu einer rauschenden Ballnacht mitschwebenden Kerzen, Mode aus 10 Dekaden und einer Bar im Stil der20er und 30er Jahre.

Allein die Zahlen der jüngsten Adlon-Geschichte schaffenDimensionen erster Güte: Seit 1997 öffneten Kellner 100 000 FlaschenChampagner, Schuhputzer wienerten 292 000 Paar Schuhe, Konditorenverbrauchten 24 000 Kilogramm Schokolade. Festredner wie KlausWowereit, Fundus-Geschäftsführer Anno August Jagdfeld und der Ur-Urenkel des Hotelgründers Lorenz Adlon machten jedoch deutlich, dassder Wiederaufbau keine Selbstverständlichkeit war. Die Investition -rund 400 Millionen Euro - war ein großes Wagnis, der Erfolg ungewissund die Architektur im Stil des alten Adlon umstritten.

Heute kann sich das neue Adlon selbstbewusst als erstes Haus amPlatze präsentieren, als beste Adresse für Politiker, Majestäten oderFilmstars. Vergessen haben die Gratulanten nicht, dass das einstigeLieblingshotel Kaiser Wilhelms II. kurz nach dem Zweiten Weltkriegabbrannte und ein «VEB Adlon» unscheinbar in einem Seitenflügelweiterexistierte, bis auch dieser Rest, ganz nah am späterenTodesstreifen gelegen, 1984 abgerissen wurde.

Ein glanzvolles 100-jähriges Jubiläum sei schon etwas Besonderes«ohne dass wir 50 Jahre da waren», fasst Hoteldirektor StephanInterthal ein kleines Wunder zusammen: Der Mythos des Hotels warstärker als seine Existenz. Mitten im Kalten Krieg kaufte dieKempinski-Gruppe den Adlon-Erben die Namensrechte ab, mehr als 30Jahre vor dem Mauerfall. Heute gehören die Namen Adlon und Kempinskiim Bewusstsein der Gäste zusammen.

Es ist seine Lage am Brandenburger Tor, das aus dem Adlon immerauch ein Stück Berlin-Geschichte macht. Das war 1907 so, alsUnternehmer Lorenz Adlon die ersten Zimmer mit elektrischem Licht undfließend warmen Wasser bot - weitaus moderner als die Räume im damalsnahen Stadtschloss. Es blieb auch 1997 so, als das Adlon, finanziertvon der Fundus-Gruppe, eine der ersten Baulücken am neu entstehendenPariser Platz schloss. Von seiner Südseite fällt der Blick heute aufdas Holocaust-Mahnmal. In nächster Nähe entsteht die US-Botschaft.

Wie sehr das Hotel die Familie Adlon beherrschte, berichtet derUr-Urenkel des Gründers, Felix Adlon (40), mit Schmunzeln. Wenn erals Dreijähriger in den 60er Jahren mit dem geretteten Hotelbesteckkämpfte, habe es ohne Mitleid geheißen: «Sitz' gerade, Adlonoblige!», erzählte Felix Adlon. «Das Hotel blieb der Maßstab meinerFamilie, aber es war ein Phantom.»

Bis zum Spatenstich für den Neubau habe er die Gespräche über dasHotel als «geisterhaft» empfunden. Heute ist Felix Adlon gern zuGast, in dieser Wirklichkeit, in der sich hunderte geladeneJubiläumsgäste zuprosten; mit Champagner, versteht sich.