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Hochwasser Hochwasser trifft Sachsen weniger stark als befürchtet

Das Hochwasser fällt in Sachsen weniger dramatisch aus als befürchtet. Zwar kommen auch Regenmassen aus Tschechien und Polen hier an - mit zwei Ausnahmen fallen die Pegelstände aber schon wieder.

Von dpa Aktualisiert: 17.09.2024, 16:45
Nach Einschätzung von Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) übersteht Sachsen das Hochwasser „mit einem blauen Auge, vielleicht noch nicht mal“.
Nach Einschätzung von Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) übersteht Sachsen das Hochwasser „mit einem blauen Auge, vielleicht noch nicht mal“. Robert Michael/dpa

Dresden - Das aktuelle Hochwasser nach Dauerregen und Starkniederschlägen hat Sachsen bislang weniger hart getroffen als erwartet. Nach Einschätzung von Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) übersteht es der Freistaat „mit einem blauen Auge, vielleicht noch nicht mal“. Angesichts der dramatischen Bilder aus Osteuropa und Südosteuropa mit Todesopfern und Zerstörungen werde er „vergleichsweise glimpflich davonkommen“, sagte Günther in Dresden. Die Pegelstände seien niedriger als zwischenzeitlich befürchtet. Die Lage in den betroffenen Flussgebieten im Osten des Landes entspannt sich zunehmend, die Wasserstände an den Meldepegeln sind überwiegend rückläufig. 

Die Elbe indes schwillt weiterhin an - und wird auch noch länger Hochwasser führen. Der Freistaat will unterdessen den von Hochwasser betroffen Gebieten in Polen, Tschechien und Niederösterreich Hilfe anbieten. 

Investitionen in Hochwasserschutz seit 2002 helfen

„Infolge ausbleibender Niederschläge in den kommenden Tagen wird die Wasserführung überall weiter zurückgehen“, prognostiziert das Landesamt für Umwelt. In Ost- und Nordsachsen fielen demnach in den vergangenen 24 Stunden meist weniger als 10 Liter pro Quadratmeter. In den kommenden Tagen werden keine nennenswerten Niederschläge erwartet. Der Wasserstand der Spree bewegt sich am Pegel Lieske noch knapp über dem Richtwert der Alarmstufe 1, sinke aber weiter, hieß es. Am unterhalb gelegenen Pegel Spreewitz bildet sich derzeit der Hochwasserscheitel knapp unter dem Richtwert der Alarmstufe 1 aus. Bei dieser Stufe beginnt die Ausuferung der Gewässer, und die Lage wird ständig überwacht. An den übrigen Hochwassermeldepegeln im Flussgebiet der Spree ist eine rückläufige Wasserführung zu beobachten. 

Auch in den Flussgebieten der Schwarzen Elster und der Lausitzer Neiße sinken die Wasserstände langsam. „Mit Ausnahme des Elbestroms entspannt sich die Lage in Sachsen, die Wasserstände in den Meldepegeln sind überwiegend rückläufig, bis auf den Unterlauf der Spree“, sagte eine Sprecherin der Behörde. Im tschechischen Einzugsgebiet der Elbe und Moldau werden den Angaben nach meist nur noch langsam steigende bis gleichbleibende Wasserstände beobachtet. 

Der Wasserstand der Elbe am Pegel Schöna lag mit 6,36 Meter am Nachmittag im Bereich der Alarmstufe 3, der in Dresden ist mit 5,89 Meter knapp unter dem Richtwert dafür, das Überschreiten der Sechs-Meter-Marke wird für die kommende Nacht erwartet. „Die Richtwerte der Alarmstufe 4 werden an keinem sächsischen Elbpegel erreicht“, sagte die Sprecherin. Für Mittwoch erwarten die Hydrologen einen „sehr langgestreckten Hochwasserscheitel“, der Pegel Dresden gerate nur geringfügig in die Alarmstufe 3. 

Elbehochwasser womöglich für Wochen

An den Pegeln Riesa und Torgau werden sich die Wasserstände bis mindestens Donnerstag sowie Freitag weiter erhöhen. Aufgrund der Steuerung des Abflusses in den Moldau-Kaskaden auch zum Schutz der flussabwärts liegenden tschechischen Hauptstadt Prag und weiterer Orte wird das Wasser danach nur langsam zurückgehen. „Wir gehen von einer anhaltenden Hochwassersituation aus möglicherweise bis Ende September im Bereich der Alarmstufe 1.“ 

Günther verwies darauf, dass sich diese Ereignisse seit der Jahrhundertflut 2002 wiederholten, der Freistaat aber seitdem auch massiv gehandelt habe. „Wir haben 3,3 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz investiert“, unter anderem auch in Informations- und Vorhersage-Dienste sowie das Alarmsystem. Das habe sich beim Hochwasser 2013, der Belastungsprobe, bewährt und geschätzt 450 Millionen Euro Schäden verhindert. „Das ist eine Herausforderung, denn es geht immer um Voraussagen für die Zukunft in dramatischer Lage“, erklärte er. 

Das funktionierte laut Günther auch diesmal flächendeckend und gewohnt enger Zusammenarbeit mit den tschechischen Hydrologen mit Blick auf die Elbe. „Das Landeshochwasserzentrum bekommt von dort Informationen über Abgaben aus der Moldau-Kaskade, zum Schutz der unterhalb davon liegenden Hauptstadt Prag und weiterer Orte vor Überflutung. Davon profitiere die sächsische Elbe. Dank der dortigen Steuerung könne auch Platz geschaffen werden für künftige Hochwasser, sagte Günther. Und an der Neiße helfe der funktionierende Datenaustausch mit Polen.

Günther: Entwicklung Folge des Klimawandels

„Wir haben seit 2002 unter Schmerzen gelernt, aber der Hochwasserschutz bleibt Daueraufgabe“, sagte Günther. Es sei die dritte Lage dieser Art innerhalb eines Jahres, nach Weihnachten 2023 und Ende Mai. Dürrejahre, Waldbrände, Spätfröste in den vergangenen fünf Jahren - die Vorhersage, dass wegen des Klimawandels Extremwetterlagen zunehmen werden, „erleben wir jetzt mit allen Folgen“.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bot unterdessen den von Hochwasser betroffen Gebieten in Polen, Tschechien und Niederösterreich Hilfe an. Man könne die Situation nur zu gut einordnen, weil Sachsen selbst in der Vergangenheit mehrfach von derartigen verheerenden Katastrophen betroffen war, erläuterte Kretschmer. Man stehe im engen Austausch mit den Regionen zu konkreten Hilfen. Niederschlesien hat inzwischen Bedarf angemeldet nach Schlafsäcken, haltbaren Lebensmitteln und Trocknungsgeräten für abgeschnittene Orte.