Hochwasser in Deutschland Hochwasser in Deutschland: Elbepegel in Dresden steigt über sechs Meter

Dresden/dpa. - Die Bewohner des unmittelbar an der Elbe gelegenen Laubegaster Ufers sollen in den kommenden Stunden über Lautsprecher aufgefordert werden, Sandsäcke abzuholen und gefährdete Bereiche zu sichern. Dies sei bei steigendem Pegel auch für andere Stadtgebiete geplant, zunächst für Zschieren und Loschwitz. «Nach der Hochwasserkatastrophe im Sommer sind die Menschen nun besonders sensibilisiert», sagte Gerd Künzel vom Presseamt der Stadt auf Anfrage.
Winterhochwasser ist in Dresden keine Seltenheit. Während der Fluss im Sommer normalerweise eine Höhe von nur zwei Metern besitzt, steigt er im Winter häufig auf mehr als 5 Meter Wasserhöhe an. Die 6- Meter-Marke wird allerdings nur selten überschritten. Bei der Jahrhundertflut im August betrug der Wasserstand 9,40 Meter.
«Die hohe Bodenfeuchte und die gefrorene Oberfläche hat die Niederschläge der vergangenen Tage sofort in die Flüsse ableiten lassen», erklärte Karin Bernhardt die Ursache für die momentane Situation. Eine exakte Prognose für die Elbe im sächsischen Raum könne erst nach Eintreffen des Hochwasserscheitels in Usti nad Labem erstellt werden. Bis dahin bleibe die Elbe ein «Sorgenkind».
Nach Berechnungen von Hydrometeorologen in Tschechien wird die Elbe in Nordböhmen an diesem Sonntag bei rund 7,40 Meter ihren Höchststand erreichen und dann nicht mehr steigen. Bei diesem Stand flute der Fluss aber bereits zahlreiche Keller und Erdgeschosse von Häusern in der Region. Der tschechische Ministerpräsident Vladimir Spidla sieht die Lage «unter Kontrolle». Ein ähnliches Hochwasser wie im August 2002 drohe «bei weitem nicht».
Die Menschen in vielen anderen deutschen Hochwassergebieten können indessen aufatmen: Die Lage hat sich deutlich entspannt. An der Mosel fielen die Pegel in der Nacht zu Samstag kräftig. Auch in einigen fränkischen Gemeinden ging das Hochwasser zurück. Die Pegelstände des Rheins stiegen langsamer als erwartet. Allerdings gab es nicht überall Entwarnung: Die Stadt Wertheim in Baden-Württemberg stellte sich auf ein neues Jahrhunderthochwasser ein. An der Unstrut in Thüringen wurde wegen eines drohenden Deichbruchs der 1000-Einwohner-Ort Leubingen evakuiert. Auch in Teilen Bayerns verschärfte sich die Lage. In den kommenden Tagen können fast alle Regionen auf Entspannung hoffen, da die Temperaturen sinken und statt Regen höchstens Schnee erwartet wird.
Im oberpfälzischen Naabtal wurde am Vormittag die Leiche einer 75 Jahre alten Rentnerin geborgen, teilte die Polizei mit. Die Frau war beim Zeitungsaustragen mit ihrem Rad gestürzt und in der Naab ertrunken. In Rheinland-Pfalz wurde ein 71-jähriger Mann weiter vermisst, der am Freitag bei Echternacherbrück mit seinem Auto vom Fluss Sauer fortgerissen wurde. Das Auto wurde leer gefunden.
Die Kölner Altstadt wird voraussichtlich von einer Flutwelle verschont bleiben, sagte ein Sprecher der Hochwasserschutzzentrale. Allerdings seien einzelne Stadtviertel im Süden überflutet worden. Samstagmittag wurde ein Pegel von 9,61 Meter gemeldet, bis Mitternacht könnte das Wasser auf 9,85 steigen. Erst bei der kritischen Marke von 10 Metern würden die Fluten überschwappen. Beim Jahrhunderthochwasser von 1995 hatte der Pegel 10,60 Meter erreicht.
In Rheinland-Pfalz und dem Saarland standen die Signale ebenfalls auf Entwarnung. Der Rhein stieg nur noch geringfügig und sollte nach Prognose des Mainzer Meldezentrums am Nachmittag in Koblenz den Höchststand von 8,20 Metern erreichen. Die Mosel fiel stark.
In Teilen Bayerns verschärfte sich die Lage. An der Naab stiegen die Pegel weiter. Besonders kritisch war es in Kallmünz, wo der Pegel 5,20 Meter erreichte - normal sind 1,50 Meter. Der historische Ortskern wurde überschwemmt, viele Einwohner waren in ihren Häusern eingeschlossen. Retter evakuierten einen Campingplatz. Am Main bot sich ein ähnliches Bild, viele Keller liefen voll. «Und die Hochwasserwelle ist noch nicht durch», hieß es vom Krisenstab.
Im oberfränkischen Coburg hingegen waren die starken Überschwemmungen in der Innenstadt weitgehend zurückgegangen, die meisten Straßen sollten im Laufe des Samstags wieder freigegeben werden, sagte ein Polizeisprecher. Auch im unterfränkischen Bad Kissingen wurde es besser. Nach dem schlimmsten Hochwasser seit Jahrzehnten sank der Pegel der Fränkischen Saale deutlich.
Sinkende Temperaturen hatten in der Nacht eine Entspannung in mehreren Hochwassergebieten Thüringens, Sachsens und Sachsen-Anhalts gebracht. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hob seine Unwetterwarnung für die drei Länder auf. Da die Elbepegel allerdings noch stiegen, blieb es mancherorts kritisch. In Dresden überschritt der Fluss am Vormittag die 6-Meter-Marke. Die Kommune richtete einen Krisenstab ein. Südlich von Magdeburg wurde am Morgen das Pretziener Wehr geöffnet. Dadurch soll ein Drittel des Elbehochwassers um die Städte Schönebeck und Magdeburg herum durch einen Kanal geleitet werden. In Thüringen wurden einige Polder geflutet, um die Unstrut zu entlasten.
Ein neues Jahrhunderthochwasser wurde in Wertheim erwartet. Der Höchststand werde am Montag mit vermutlich «um die 7 Meter» erreicht, sagte Sprecherin Angela Steffan. Beim letzten Jahrhunderthochwasser im Jahr 1920 war der Pegel auf 6,86 Meter gestiegen. Teile der historischen Altstadt, die am Zusammenfluss von Main und Tauber liegt, stünden teilweise zwei Meter unter Wasser.
Auch im Ausland macht Hochwasser den Menschen zu schaffen. In Tschechien war die Lage angespannt, aber «unter Kontrolle», wie Ministerpräsident Vladimir Spidla sagte. In Nordböhmen stieg die Richtung Dresden fließende Elbe stündlich um etwa vier Zentimeter. Am Morgen wurde in der Stadt Usti nad Labem (Aussig) ein Pegelstand von 6,73 Meter gemessen, berichtete der Rundfunk. Beim August-Hochwasser hatte der Pegel dort 11,90 Meter erreicht. Den Behörden bereitete die Situation in Südböhmen Probleme, wo die Moldau mehrere Orte überschwemmte. In Prag wurde die zweithöchste Warnstufe ausgerufen.
In Großbritannien und Belgien ging die Hochwasserbedrohung weiter zurück. Wie die britische Umweltagentur mitteilte, waren in der südlichen Grafschaft Surrey (bei London) noch 142 Gebäude überflutet. In Belgien waren besonders die südlichen Landesteile um die Flüsse Meuse, Ourthe und Basse-Semois von Überschwemmungen betroffen. In der Ardennengemeinde La Roche stand das Wasser 1,20 Meter hoch in den Straßen. Auf einigen Flüssen wurde die Schifffahrt verboten.