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Haustiere Haustiere: Deutschland, deine Schoßhunde

Von Axel Botur 29.12.2006, 07:13
Hundedame Daisy, das inzwischen verstorbene Schoßhündchen des ermordeten Modezaren Rudolph Moshammer, im März 2006 auf der Buchmesse in Leipzig. (Archivfoto: dpa)
Hundedame Daisy, das inzwischen verstorbene Schoßhündchen des ermordeten Modezaren Rudolph Moshammer, im März 2006 auf der Buchmesse in Leipzig. (Archivfoto: dpa) dpa-Zentralbild

Hamburg/dpa. - Der treueste Freund des Menschen wird immer stärker als Zielgruppe für luxuriöse Accessoires und modische Bekleidung entdeckt. Die Gefahr, dass sich der Hund damit zum Affen macht, istallerdings groß.

Etwa fünf Millionen Hunde leben derzeit hier zu Lande in denHaushalten. Diese Zahl nennt der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH). Sie alle brauchen ein Körbchen, einen Fressnapf, eine Leine. Grundbedürfnisse, um die sich vor allem auf den Haustierbedarf spezialisierte Geschäfte kümmern. Doch manchem Herrchen oder Frauchen war dieses Angebot irgendwann zu langweilig, weil es zwar Funktionbot, aber zu wenig Emotion.

Vor zwei Jahren gründete Stefanie Momm aus diesem Mangelerlebnisheraus ihre Internet-Plattform «Luxury Dogs». Hier vertreibt dieUnternehmerin aus Hamburg nun all das, was man sich am Hundvorstellen kann und auch manches, was doch verstört. Der Rucksack zumBeispiel. «Das ist nur ein Spiel. Er schadet ja nichts», meintStefanie Momm. Oder der «Pet-Stroller», eine Art Kinderwagen für den Vierbeiner: «Ich kann es selbst kaum glauben, aber der verkauft sich richtig gut. Viele Besitzer haben nämlich Angst, dass ihr Liebling im Stadtgedränge zu Schaden kommt.»

Momms Kundschaft besteht zu knapp 80 Prozent aus Frauen, die eher kleine Hunde halten. Um die großen Rassen wie Schäferhund oderLabrador kümmert sich seit diesem Frühjahr Bita Salz aus Düsseldorf.Unter dem Label «Bellomania» entwirft sie eine kleine, aber umsoedlere Accessoire-Reihe mit Leinen, Halsbändern, Liegestellen undKeramiknäpfen. In ihrer Produktbeschreibung finden sich Begriffe wie«Handarbeit in Italien» oder «Überzug aus hochkarätigem Platin». BitaSalz bevorzugt eine klare Formensprache ohne dekorativenSchnickschnack. «Ich weiß, das ist ein Balanceakt», gesteht sie dieSensibilität des Themas ein. «Man kann schnell zu weit gehen.»

Das Magazin zum Kult um den Hund ist derweil auch schon da. Esheißt «Dogs» und erscheint zunächst in einer Testreihe über dreiAusgaben. In seiner Aufmachung erinnert es eher an «Vogue» als an«Ein Herz für Tiere». Ein pures Lifestyle-Blatt? Chefredakteur ThomasNiederste-Werbeck wehrt ab. «Der Begriff ist mir zu abgegriffen. Ichspreche lieber von einem anspruchsvollen Magazin für Mensch undHund.» Mit renommierten Autoren und einer großzügigen Bildoptikwollen die Blattmacher den Zeitgeist einfangen.

Hunde liegen voll im Trend, das sieht man an ihrer wachsendenPräsenz in Werbung, Film und Fernsehen. Edle Spezialboutiquen mitNamen wie «Dogsville», «V.I.Pets» oder «Aristodogs» erfüllen dieanscheinend vorhandene Sehnsucht nach einer luxuriösen Ausstaffierungebenso wie die großen Modehäuser. Bei Gucci, Louis Vuitton oderBottega Veneta stößt man längst auf Produkte wie Hunde-Tragetaschen,Halsbänder oder Leinen.

«Heute legen die Menschen mehr Wert auf ein gepflegtesWohnambiente. Die Ausstattung für den Hund soll sich da ästhetischeinfügen», findet Thomas Niederste-Werbeck eine Erklärung für dasAufblühen des Marktes. Bita Salz sieht es so: «In einer Zeit derzurückgehenden Geburtenraten und der Single-Haushalte sehen viele imHund den Kinder- oder Partnerersatz. Die Menschen identifizieren sichsehr stark und versuchen den eigenen Lifestyle auf ihren Hund zuübertragen.»

Im Gegensatz zu den kommerziellen Anbietern mag Leif Kopernik,VDH-Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit, noch nicht von einerallgemeinen Entwicklung sprechen. «Im Moment gibt es sicher einengewissen Hype», sagt er. «Aber ich glaube nicht, dass er richtigzündet. Der Hund als Prestige-Accessoire, das ist doch eine eherangelsächsische Sichtweise.» Auch beim Fernsehsender VOX machte mandie Erfahrung, dass Mops, Pudel und Co. nicht zwangsläufig Quotebringen. Das Format «Top Dog - Deutschland sucht den Superhund»floppte. So ganz könne man sich diesen Misserfolg auch nichterklären, war aus der Kölner Redaktion zu vernehmen. Immerhin: derSieger macht Modelkarriere und erscheint auf dem nächsten Cover von«Dogs».