Handwerk Handwerk: Mühlenbauer repariert historische Anlagen
Freiberg/dpa. - Mühlenbauer Gottfried Schumann ist wohl der letzte seiner Zunft in Sachsen. Sein Betrieb in Mulda (Kreis Freiberg) dürfte wahrscheinlich der älteste der kaum ein Dutzend vergleichbaren Firmen in Deutschland sein. Seit 1878 und in vierter Generation werden in Mulda Wasserräder, Hammerwerke, Öl- und Mahlmühlen restauriert und gebaut. Schumanns Vater konnte seinen Beruf noch in einer Dresdner Mühlenbauerschule erlernen. Inzwischen ist das Handwerk so selten, dass es dafür keine Ausbildung mehr gibt.
Für den heute 47-jährigen Firmenchef stand schon immer fest: Mühlenbauer wollte er werden. Während er im väterlichen Betrieb den Männern bei der Arbeit zusah, wuchsen Neugier und Faszination. «Bis Anfang der 60er Jahre wurde noch in vielen Orten das Mehl der Bauern in kleinen Mühlen sorgfältig ausgemahlen», erinnert er sich. «Dann kam das große Mühlensterben.» Viele kleine Handwerker wurden der DDR-Wirtschaftspolitik geopfert. Der Vater sah keine andere Chance, als auf Metallbau umzurüsten. Mühlen rekonstruierte und baute er nur noch nebenbei, der Sohn lernte Werkzeugmacher.
1990 übernahm Gottfried Schumann, inzwischen «Anerkannter Kunsthandwerker», den Betrieb. Dieser ist nun wieder fast durchgängig mit Mühlenbau ausgelastet. «Fördermittel machten es möglich, dass viele technische Denkmale wieder restauriert werden, auch viele Vereine engagieren sich», sagt Schumann. Etliche bekannte technische Denkmale Sachsens hat er wieder mit in Stand gesetzt - von der Saigerhütte in Olbernhau bis zum Dorfchemnitzer Eisenhammer. Längst hat Schumann aber auch viele Kunden weit über die Landesgrenzen hinaus, einige sogar im Ausland. Aufträge vom Deutschen Museum in München und vom Technischen Museum Wien sind beste Referenzen.
«Sachsen ist reich an Mühlen», sagt der Fachmann. Allein zu den Mühlentagen könnten rund 120 technische Denkmale besichtigt werden. Zu den Öl- und Mahlmühlen und im Leipziger Raum auch einigen Windmühlen kommen in den einstigen Bergbaugebieten noch viele Hammerwerke hinzu. Nicht nur aus Geschäftsinteresse ist Schumann im Vorstand des Deutschen und des Sächsischen Mühlenvereins aktiv. Seine Faszination für Mühlen ist ungebrochen. Er mag die stete Bewegung der Räder im Wasser, die Vielseitigkeit seines Berufs, in dem Holz- und Metallverarbeitung gleichermaßen beherrscht werden müssen.
Vor allem aber die historische Seite des selten gewordenen Handwerks hat es ihm angetan. Gern erinnert er sich etwa an ein Hammerwerk bei Augsburg, das er nur nach Unterlagen aus der Zeit um 1600 komplett neu gebaut hat. Die Maßangaben dafür musste er erst von Zoll und Elle in herkömmliche Angaben umrechnen. «Das hat aber tadellos funktioniert», sagt der Mühlenbauer. Da er befürchtet, dass sein Handwerk bei Wegfall staatlicher Förderung für Mühlen- Rekonstruktionen ausstirbt, hat er noch keinen Nachfolger ausgebildet.
Sein Traum wäre es, junge Leute heranzuziehen, die auswärts montieren, was er und seine erfahrenen fünf Kollegen in der Werkstatt bauen. Doch noch gibt es genug Aufträge. Gerade lagert im Hof eine gewaltige Welle und in der Werkstatt ein Rad von 5,25 Meter Durchmesser, bestimmt für die Hintere Mühle in Deutschneudorf. Die Teile gehen demnächst mit einem Schwerlasttransporter auf die Reise.