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Hamburg Hamburg: Motivsuche nach Ermordung eines 17-Jährigen

Von Torsten Landsberg 22.10.2008, 11:26
Beamte der Spurensicherung stehen am 16.04.2008 in Hamburg an dem Fundort einer verbrannten Männerleiche. (Foto: ddp)
Beamte der Spurensicherung stehen am 16.04.2008 in Hamburg an dem Fundort einer verbrannten Männerleiche. (Foto: ddp) ddp

Hamburg/ddp. - Der Junge aus dem Hamburger Stadtteil Billstedthatte nach einem Marihuanakauf Drogenschulden bei drei damals 19- bis21-Jährigen aus der Nachbarschaft. Nachdem sie ihn mit Gewalterfolglos aufgefordert hatten, die Schulden zu begleichen, schlugensie den Jungen bewusstlos und töteten ihn dann. Anschließendverbrannten sie den Leichnam.

Der Fall sorgte im Frühjahr in Hamburg für Entsetzen. Kirk stammteaus bürgerlichen Verhältnissen, Freunde bezeichneten ihn alsbegeisterten Skater und ambitionierten Rapper mit großemBekanntenkreis. Er sei beliebt gewesen, habe mit niemandem Konfliktegehabt. Sein Tod warf viele Fragen auf.

Ein halbes Jahr nach Kirks Tod beginnt am Donnerstag vor demHamburger Landgericht der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter.Nachdem die Haftbefehle zunächst auf Mord lauteten, müssen sich dieheute 20- bis 22-Jährigen nun wegen Totschlags und Totschlags durchUnterlassen verantworten. «Die Ermittlungen haben keine Mordanklagezugelassen», sagt Wilhelm Möllers, Sprecher der HamburgerStaatsanwaltschaft.

Heimtücke sei auszuschließen gewesen, da es vor der Tötung bereitszu einer Auseinandersetzung gekommen war. Auch niedere Beweggründekonnten nicht nachgewiesen werden, «weil das Motiv bislang nichtgeklärt werden konnte». Laut Anklage sollen die drei jungen Männerihr Opfer am 15. April zunächst mit Gewalt zur Begleichung seinerSchulden aufgefordert haben. Um welchen Betrag es ging, konnte bisheute nicht ermittelt werden. Aussagen des damals 19-jährigen YakupM. lassen darauf schließen, dass keine großen Summen im Spiel waren.

Nachdem sie Kirk bewusstlos geschlagen hatten, waren es offenbardie heute 22 und 21 Jahre alten Albaner Gzim L. und Labinot B., diein der Wohnung von Gzim eine Schlinge um Kirks Hals zogen und denJugendlichen laut Anklageschrift «in einem länger andauerndenErstickungsvorgang» strangulierten. Labinot B. soll ihm zusätzlichein Stück einer Gemüsezwiebel in den Rachen geschoben haben.

So hatte es Yakup M. ausgesagt, als er sich wenige Tage nach derTat im Beisein eines Anwalts der Polizei stellte. Er selbst will denTatort verlassen haben, als Kirk noch am Leben war. An der späterenVerbrennung des Leichnams war der Deutsche türkischer Abstammungjedoch beteiligt. Im Wagen seines Vaters transportierten die dreiAngeklagten ihr Opfer auf ein brachliegendes Gelände der HamburgerWasserwerke im Industriegebiet Billwerder. Zuvor hatten sie einenKanister und Benzin gekauft. Sie legten die Leiche auf einen Stapelaus Teppichresten, übergossen sie mit dem Benzin und zündeten sie an.

Die Leiche war bis zur Unkenntlichkeit entstellt, als einMitarbeiter der Stadtentwässerung sie am darauf folgenden Tag beieinem Kontrollgang entdeckte. Durch die Flammen waren auch vieleBeweise vernichtet worden, anfangs schien fraglich, ob das Verbrechenüberhaupt aufgeklärt werden könnte.

Als die Polizei den Fahndungsdruck erhöhte und Fahrzeuge im Umfelddes Opfers überprüfte, stellte sich Yakup M. und sagte aus. Seine vonihm belasteten Freunde haben bis heute keine Angaben gemacht. Diedrei Angeklagten waren der Polizei zuvor wegen leichter Vergehenbekannt, jedoch nicht mit Gewaltdelikten aufgefallen.

Während sich Gzim L. und Labinot B. wegen Totschlags verantwortenmüssen, droht Yakup M. eine Verurteilung wegen Totschlags durchUnterlassen. Bei ihm und B. könnte im Falle einer Verurteilung dasJugendrecht Anwendung finden. Das Strafmaß betrüge maximal zehnJahre. Gzim L. droht nach Erwachsenenstrafrecht ein Strafmaß von biszu 15 Jahren.