Wirtschaftsminister im Norden Habeck fordert hohe Priorität für Meeresschutz
Grünen-Kanzlerkandidat Habeck mahnt einen wirksamen Schutz der maritimen Ökosysteme an. Mit Bundesumweltministerin Lemke besucht er den Beltringharder Koog. Sie lehnt ein Projekt strikt ab.
Reußenköge - Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck mahnt einen hohen Stellenwert für den Meeresschutz an. „Diese empfindlichen maritimen Ökosysteme in Zukunft zu schützen und den entstandenen Schaden durch Plastikmüll und Munitionsaltlasten zu mindern, gehört auf der politischen Tagesordnung ganz nach oben“, sagte der Bundeswirtschaftsminister der Deutschen Presse-Agentur. Am Vormittag informierte sich Habeck mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) den Beltringharder Koog in Schleswig-Holstein über aktuelle Probleme des Meeresschutzes.
„Gerade der Nationalpark Wattenmeer zeigt, dass der Schutz der Natur einen Wert schafft“, sagte Habeck. Das Wattenmeer sei Heimat und ein Schatz der Natur. „Wie so viele Naturschutzgebiete am Anfang bekämpft, ist der Nationalpark heute identitätsstiftend für die Menschen hier und ein ökonomischer Faktor.“ Urlauber besuchten den Nationalpark, um ungestörte Natur zu erleben. Umso drastischer sei die Bedrohung dieser einzigartigen Naturlandschaft durch den ansteigenden Meeresspiegel.
Nationalpark
Habeck sagte bei einem Treffen mit Vertretern der Schutzstation Wattenmeer und dem WWF, der Beltringharder Koog sei ein Hotspot für Vogelkundler. „Die wollen nicht Ballermann an der Küste und noch ein bisschen surfen.“ Aus dem einstmals harten Konflikt um den Nationalpark sei ein auch ökonomisch interessantes Projekt für die Region geworden. „Die Menschen haben ihren Frieden mit dem Nationalpark gemacht.“
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien werde es aber auch künftig Konflikte mit dem Naturschutz geben, sagte Habeck. Windkraftanlagen blieben Eingriffe in eine Naturkulisse. In den vergangenen drei Jahren sei es aber gelungen, den Arten- und Naturschutz hochzuhalten und den Ausbau voranzubringen. „Also, das ist alles lösbar.“
Hohe Priorität
„Wie insgesamt dem Naturschutz müssen wir dem Meeresschutz hohe Priorität einräumen“, sagte Habeck. Mit dem Sofortprogramm zur Bergung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee sei ein seit Jahrzehnten schwelendes Problem endlich angegangen. „Außerdem haben wir die Koordination mit unseren Nachbarstaaten zum Schutz des Welterbe-Gebiets gestärkt und den Ausbau von Offshore-Windkraft im Einklang mit Meeresschutz vorangetrieben.“
Nach Ansicht von Lemke stehen Nord- und Ostsee massiv unter Druck. „Sie sind übernutzt und der Lebensraum ist in einem schlechten Zustand.“ Eine verbindliche Meeresstrategie müsse den Schutz der Meere mit deren Nutzung in Einklang bringen. „Nord- und Ostsee sind ein Juwel – für Mensch und Natur. Wir müssen sie besser schützen – vor Übernutzung oder Havarien.“ Umwelt- und Naturschutz seien Themen im Bundestagswahlkampf.
„Klar ist, dass Öl- und Gasbohrungen – auch vor Borkum – damit nicht vereinbar sind“, sagte Lemke. Dem niederländischen Energiekonzern One-Dyas liegt seit August eine auf 18 Jahre befristete Genehmigung des zuständigen niedersächsischen Landesamts für Bohrungen vor. Diese sollen nahe dem Nationalpark Wattenmeer von den Niederlanden aus unter dem Meeresboden in deutsches Gebiet reichen. Allerdings bedarf es für die Gasförderung noch eines Abkommens zwischen Deutschland und den Niederlanden.
Rechtsanspruch auf Freiwilligendienst
Thema bei dem Treffen war unter anderem der Freiwilligendienst. Die Vertreter von Schutzstation und WWF fordern eine Rücknahme geplanter Kürzungen im Bundeshaushalt und einen Rechtsanspruch auf Freiwilligendienst.
Den Ausbau der Offshore-Windkraft unterstützen die Vertreter der Schutzstation und des WWF zwar generell. „Wir haben aber Zweifel, dass das sehr hohe Ausbauziel von 70 Gigawatt in jetziger Form naturverträglich in unseren Meeresgewässern umsetzbar ist“, kritisierten sie. Windparks dürften nicht in Meeresschutzgebieten gebaut werden. Er habe Sorge, dass das Wattenmeer zur Dauerbaustelle werden und seinen Status als Weltnaturerbe verlieren könnte, sagte der Leiter des Wattenmeer-Büros des WWF Hans-Ulrich Rösner.