Gsell-Prozess Gsell-Prozess: Arztwitwe beschuldigt ihren Freund der Mitwisserschaft

Nürnberg/dpa. - Im Prozess um einen fingierten Überfall auf ihren Mann hat die angeklagte Arztwitwe Tatjana Gsell am Montag überraschend ihr Schweigen gebrochen. Ihr ebenfalls angeklagter Jugendfreund sei von Anfang an in die Pläne eingeweiht gewesen, sagte die 33-Jährige vor dem Amtsgericht Nürnberg. Der vom Dienstsuspendierte Staatsanwalt hatte zu Prozessbeginn jede Mittäterschaft bestritten.
Tatjana Gsell sagte aus, ihr Freund habe ihren Mann überredet, beidem fingierten Überfall mitzumachen. Er habe sie und ihren Ehemannjuristisch beraten. Zudem soll er den 76-jährigen Franz Gsellgeknebelt haben, um den Überfall realistischer wirken zu lassen.
Der 33-Jährigen wird vorgeworfen, gemeinsam mit ihremJugendfreund im Januar 2003 einen Überfall auf ihren Ehemannvorgetäuscht zu haben, um damit einen geplanten Versicherungsbetrugzu vertuschen. Bei dem Überfall in seiner Nürnberger Villa wurde derSchönheitschirurg aber so schwer verletzt, dass er zwei Monate späterstarb.
Ein Gerichtsmediziner sagte am Montag aus, dass DNA-Spuren anWollhandschuhen und einer Mütze, die der inzwischen suspendierteStaatsanwalt am Tatort verloren haben soll, nicht zuzuordnen seien.Er konnte auch nicht sagen, ob die an der Mütze gefundenen Haare vondem suspendierten Staatsanwalt stammen. Er habe keinen Auftraggehabt, die Haare zu analysieren, sagte der Experte zum Erstaunen desGerichts.
Als Zeugen geladene Polizisten hatten zuvor von Ungereimtheiten amTatort berichtet. Sie sagten aus, Franz Gsell habe ihnen in derTatnacht von seinem Balkon aus zugerufen, sie sollten hoch kommen.Wenig später hätten sie den Mann dann mit Paketklebeband geknebelt inseinem Bett vorgefunden.
Franz Gsell habe sichtlich unter Schock gestanden, als sie ihn vonseinen Fesseln befreiten, sagte die Beamten. Obwohl sie unter demBett zerknülltes Klebeband fanden, hätten sie nicht den Eindruckgehabt, dass Gsell ihnen etwas vorspiele. Der Prozess wird amDienstag mit weiteren Zeugen fortgesetzt.