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Meerespolitik Grüne wollen mehr Meeresnaturschutz - Absage an Erdgas-Pläne

Die Grünen wollen Nord- und Ostsee als Lebensraum besser schützen. Bei einer Wahlkampfreise auf der Nordsee nennen Spitzenpolitiker der Grünen klare Forderungen für den Schutz der Meere.

Von dpa Aktualisiert: 07.02.2025, 17:02
Die Grünen-Politiker Julian Pahlke (von links), Steffi Lemke, Felix Banaszak und Julia Verlinden fordern vor einer Erdgasplattform vor Borkum mehr Naturschutz auf den Meeren.
Die Grünen-Politiker Julian Pahlke (von links), Steffi Lemke, Felix Banaszak und Julia Verlinden fordern vor einer Erdgasplattform vor Borkum mehr Naturschutz auf den Meeren. Lars Penning/dpa

Borkum - Weniger Plastikmüll, mehr Schutz vor Schiffshavarien und eine Absage an die geplante Erdgasförderung vor Borkum: Die Grünen haben Pläne für ihre künftige Meerespolitik vorgestellt. „Unsere Meere sind von unglaublicher Bedeutung für uns und sie sind von unglaublicher Schönheit, aber sie sind gefährdet“, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke, die zusammen mit dem Co-Vorsitzenden der Grünen, Felix Banaszak, die niedersächsische Wattenmeerregion und die Nordseeinsel Borkum besuchte.

„Wir übernutzen die Meere sei es durch Schifffahrt, sei es durch Rohstoffförderung, durch die Fischerei. Auch die Erneuerbaren bringen natürlich mit dem Naturschutz einen Nutzungskonflikt. Wir müssen all das unter einen Hut bekommen. Dafür brauchen wir starken Umweltschutz, starken Meeresnaturschutz“, sagte Lemke. Bei ihrem Besuch stellten die Politiker auch Inhalte eines Positionspapiers zum Meeresschutz vor. 

Grüne gegen geplante Erdgasförderung vor Borkum

Die Partei spricht sich darin klar gegen die geplanten Gasbohrungen vor Borkum nahe dem Wattenmeer aus. „Wir werden in der nächsten Legislaturperiode eine Strategie erarbeiten, die Deutschland im Einklang mit unseren Klimazielen unabhängig von fossilem Gas macht“, verspricht die Partei, die in Wahl-Umfragen wie dem aktuellen ZDF-Politbarometer derzeit bei 15 Prozent liegt. 

„Das Wattenmeer ist insgesamt eines der sensibelsten und wertvollsten Ökosysteme, das wir haben. Deshalb muss das geschützt werden. Deshalb halte ich die Förderung hier für nicht richtig“, sagte Lemke. Banaszak nannte die Erdgasförderung vor Borkum ein „Symbol verfehlter Energiepolitik“.

Der Konzern One-Dyas will noch in diesem Frühjahr damit beginnen, vor den Inseln Borkum und Schiermonnikoog Erdgas zu fördern. Dazu wurde eine Förderplattform auf niederländischem Gebiet rund 20 Kilometer nordwestlich der Insel errichtet. Das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie hatte One-Dyas eine auf 18 Jahre befristete Genehmigung für die Bohrungen erteilt, die unter dem Meeresboden in deutsches Gebiet reichen.

Zusammen mit Umweltschützern, Wissenschaftlern und Grünen-Bundestagsabgeordneten besuchten die Grünen-Spitzenpolitiker mit dem Katamaran „Nordlicht 2“ das Wattenmeer und die Insel Borkum - dabei steuerten sie auch die bereits installierte Förderplattform an. 

One-Dyas fordert Offenheit für Vorhaben

Vertreter von One-Dyas waren bei dem Termin mit der Bundesumweltministerin nicht dabei. „Wir hätten ihr gerne auf der Gasplattform von diesem Projekt erzählt, das Gas auf die nachhaltigste Art und Weise fördern wird und für die Entwicklung von grünem Wasserstoff geeignet ist“, sagte One-Dyas-Chef Chris de Ruyter van Steveninck der dpa. Solange es noch eine Nachfrage nach Erdgas gebe, sei die lokale Erdgasförderung die bessere Alternative als der Import von Flüssigerdgas (LNG). Negative Auswirkungen auf die Umwelt oder das Wattenmeer habe die Erdgasförderung nicht, sagte der One-Dyas-Chef.

Noch bedarf es für die Gasförderung eines Abkommens zwischen Deutschland und den Niederlanden. Grünen-Kanzlerkandidat und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte zuletzt erklärt, er wolle vor einer Unterzeichnung mögliche Gerichtsurteile abwarten. Verschiedene Organisationen in Deutschland haben bereits angekündigt, rechtlich gegen die Genehmigung vorzugehen.

Grüne wollen Erdölförderung bis 2035 beenden

Auch die Erdölförderung auf der letzten bestehenden deutschen Ölplattform, der Station Mittelplate vor der Küste Schleswig-Holsteins, soll nach dem Willen der Grünen bis 2035 beendet werden. „Wir setzen uns dafür ein, dass das gemeinsam mit den Beschäftigten vor Ort gelingt“, heißt es in dem Positionspapier. Von der Bohrinsel wird seit 1987 Öl gefördert. Bislang sehen die Pläne von Betreiber Wintershall vor, dass die Förderung 2041 endet. 

Konsequenter vorgehen wollen die Grünen laut dem Papier gegen Plastikmüll im Meer und gegen die Belastung durch giftige Ewigkeitschemikalien, sogenannte PFAS. Erst in dieser Woche hatte die Umweltorganisation Greenpeace wegen hoher Konzentrationen dieser Chemikalien im Meeresschaum an den Stränden von Nord- und Ostsee Alarm geschlagen. Die Grünen schlagen vor, Klärwerke in Küstennähe zu modernisieren und wollen besonders in Tourismusregionen Mehrwegprogramme fördern, um Verschmutzungen an Stränden zu reduzieren. 

Warnung vor „irreparablen Schäden“ durch Flottenschiffe

Ein härteres Vorgehen fordert die Partei gegen die sogenannte russische Schattenflotte in Nord- und Ostsee, die aus Schiffen mit unklaren Eigentumsverhältnissen besteht. Diese werden etwa dazu genutzt, den westlichen Preisdeckel für russische Ölexporte in Drittstaaten zu umgehen. Zudem gibt es die Befürchtung, dass sie für Sabotageaktionen gegen Datenkabel in der Ost- und Nordsee genutzt werden. 

„Die russische Schattenflotte ist ein neu hinzugekommenes, riesengroßes Problem“, sagte Lemke. Sie habe in den vergangenen Wochen mit Sorge die Nachrichten über die Havarie des Öltankers „Eventin“ vor Rügen verfolgt. Wäre es zu einem Ölaustritt gekommen, wären Inseln wie Usedom und Rügen jahrelang von den Folgen betroffen, sagte sie. „Deshalb muss gegen diese russische Schattenflotte jetzt endlich energisch vorgegangen werden.“

„Wir werden uns für scharfe europäische Sanktionen gegen die russische Schattenflotte einsetzen. Diese Schiffe, die Sanktionen verletzen, müssen weg von unseren Weltmeeren.“ Außerdem müssten die Frachter „perspektivisch festgesetzt werden können“, heißt es in dem Positionspapier der Grünen.