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Parteien Grüne bestimmen Wahlprogramm und Spitzen-Duo

Sieben Monate vor der Landtagswahl haben die Grünen ein Wahlprogramm und eine Liste beschlossen. Mit Madeleine Henfling und Bernhard Stengele an der Spitze wollen sie wieder ins Parlament einziehen.

Von Stefan Hantzschmann, dpa Aktualisiert: 04.02.2024, 16:28
Madeleine Henfling und Bernhard Stängele (beide Bündnis 90/Die Grünen) sprechen bei der Landesdelegiertenkonferenz.
Madeleine Henfling und Bernhard Stängele (beide Bündnis 90/Die Grünen) sprechen bei der Landesdelegiertenkonferenz. Bodo Schackow/dpa

Jena - Mit Forderungen zum Klimaschutz, zur Migrationspolitik und zum Nahverkehr ziehen die Thüringer Grünen in den Wahlkampf 2024. Ein entsprechendes Wahlprogramm beschlossen rund 100 Grünen-Mitglieder am Sonntag bei einer Landesdelegiertenkonferenz in Jena. Welches die Schwerpunkte im Wahlkampf sein werden, stehe aber bisher nicht fest, sagte Landessprecherin Ann-Sophie Bohm nach der Veranstaltung.

Die Landtagsabgeordnete Madeleine Henfling und Umweltminister Bernhard Stengele sollen die Grünen als Spitzen-Duo in den Wahlkampf 2024 führen. Die beiden wurden am Samstag auf die beiden ersten Plätze der Landesliste gewählt. Henfling erhielt 83,3 Prozent der abgegebenen Stimmen, Stengele kam auf 92,2 Prozent.

Man wolle eine „menschenwürdige Migrationspolitik“, sagte Henfling am Sonntag, als sie Teile des Wahlprogramms vorstellte. „Wir wissen, dass es nicht gut läuft, wir wissen, dass die Erstaufnahmeeinrichtung nicht gut läuft“, sagte sie. Man wolle die Kapazitäten in der Erstaufnahme ausbauen, eine Landesausländerbehörde und ein Integrationsgesetz. Dass es nicht gut laufe, liege „weniger an uns“, sagte sie. In vielen Kommunen gebe es nicht die Bereitschaft, „sich mit dem Thema so auseinanderzusetzen, dass die Geflüchteten dort auch wirklich ankommen können“, so Henfling.

Migrationspolitik war seit dem Jahr 2014 im Grünen-geführten Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz angesiedelt und gilt derzeit als eine der größten Baustellen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung. Die Landesunterkunft in Hermsdorf gilt als ungeeignet für längere Aufenthalte, in der Unterkunft in Suhl gab es zuletzt Probleme mit Kakerlaken und Schimmel. Zunächst war in dieser Legislatur Dirk Adams bei dem Thema immer stärker unter Druck geraten, bis er auf Wunsch seiner Partei geschasst wurde. Die neue Grünen-Justizministerin Doreen Denstädt wurde nach einiger Zeit scharf von den Kommunen kritisiert, sie warfen ihr Überforderung vor. Schließlich beschloss das Kabinett, den Bereich aus ihrem Ministerium herauszulösen und ans SPD-geführte Innenministerium abzugeben, das nun seit Dezember 2023 für Migration zuständig ist.

In der Bildungspolitik möchten die Grünen „Leistungsdruck rausnehmen und Bedingungen schaffen, die eine echte Förderung zulassen“, sagte Bohm am Rand der Konferenz. „Wir haben im Programm stehen, dass wir Noten abschaffen wollen in einem ersten Schritt in den musischen, künstlerischen, sportlichen Fächern, in denen es auch viel um Begabung geht“, sagte Bohm. In den Kindergärten strebe man eine Verbesserung der Betreuung an, in dem der Personalschlüssel angepasst wird. In der Verkehrspolitik setzen sich die Grünen für den Erhalt des 49-Euro-Tickets ein und perspektivisch für ein 29-Euro-Ticket, sagte Bohm. Für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende soll es nach Ansicht der Grünen komplett kostenfrei gestaltet werden.

In Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. Umfragen zufolge müssen die Grünen in Thüringen um einen Wiedereinzug ins Parlament bangen. Sie lagen zuletzt in Umfragewerten zwischen vier und sechs Prozent.

Aktuell haben die Thüringer Grünen fünf Abgeordnete im Parlament, die langjährige Fraktionsvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich will nicht erneut für den Landtag kandidieren. Auch die Abgeordneten Olaf Müller und Babette Pfefferlein treten nicht erneut an. Sollten die Grünen erneut in den Landtag einziehen, würde sich die Fraktion wohl stark verändern. Auf Listenplatz drei wählten die Delegierten Laura Wahl, die bereits Abgeordnete ist. Platz vier erhielt die Notfallseelsorgerin Christina Prothmann, Platz fünf ging an die bisherige Grünen-Landeschefin Ann-Sophie Bohm und Platz sechs an Wolfgang Volkmer. Volkmer setzte sich gegen den Grünen-Co-Chef Max Reschke durch, der am Ende nur auf den aussichtslosen Platz 19 gewählt wurde. Auch Listenplatz neun von Doreen Denstädt gilt als nicht sehr aussichtsreich.

Bei der Konferenz sprachen sich die Thüringer Grünen dafür aus, ein AfD-Verbotsverfahren vorzubereiten und beschlossen einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag. Darin fordern sie auch, Rechtsextremisten aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen und vor den Kommunalwahlen im Mai Kandidaten besser überprüfen zu lassen. Der AfD müsse „konsequent der Geldhahn“ zugedreht werden, hieß es.

Stengele kritisierte CDU-Landeschef Mario Voigt scharf für seine Position zur Verabschiedung von Gesetzen mit der AfD. „Wie kann der sich bei uns auf die Demos stellen, hier unten in Jena, wie kann der sich auf diese Demos einschleichen und dann gleichzeitig sagen, dass er mit dieser Partei, gegen die wir auf die Straße gehen, Gesetze abstimmt?“, sagte Stengele und erntete Applaus.

Voigt hatte vor einigen Tagen in einem Interview erneut die Haltung seiner CDU-Fraktion verteidigt, AfD-Stimmen zu akzeptieren, wenn damit eigene Gesetzentwürfe oder Anträge beschlossen werden können. „Wir haben in Thüringen die schwierigste politische Lage in ganz Deutschland. Die Regierung hat hier keine Mehrheit im Parlament. Und uns als CDU geht es darum, das Richtige für unser Land zu tun“, hatte Voigt dem Portal gesagt.

Beim Thema Klimaschutz erläuterte Stengele, dass die Grünen das Klimagesetz anpassen und einen Haushaltsvorbehalt streichen wollen. „Wir müssen dieses Geld investieren. Wir müssen für die Zukunft, für die Zukunft unserer Kinder, für das Weltklima müssen wir das machen“, sagte er. Im Thüringer Klimagesetz sind Ziele des Freistaats zum Klimaschutz definiert. So soll der Ausstoß von Treibhausgasen schrittweise reduziert und es sollen erneuerbare Energien ausgebaut werden. Bis zum Jahr 2040 soll Thüringen seinen Energiebedarf in der Gesamtbilanz durch einen Mix aus erneuerbaren Energien vollständig decken.