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35.300 neue Fälle Grippe 2018/Influenza in Deutschland: 35.300 neue Fälle - mindestens 213 Menschen gestorben

01.03.2018, 08:38
Immer mehr Menschen erkranken an einer Grippe in Deutschland.
Immer mehr Menschen erkranken an einer Grippe in Deutschland. imago stock&people

Berlin - Die Grippewelle in Deutschland hat einen neuen Höhepunkt erreicht: Allein in der vergangenen Woche verzeichnete das Robert-Koch-Institut (RKI) knapp 35.300 neue Influenzafälle.

Wie das RKI am Mittwoch weiter mitteilte, wurden in der aktuellen Grippesaison nun insgesamt mehr als 119.500 Influenzafälle registriert. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung geraten die Praxen wegen der Grippewelle an ihre Kapazitätsgrenzen. Die rund 35.500 neu registrierten Fälle bedeuten eine deutliche Zunahme im Vergleich zur Vorwoche, in der rund 23.400 neue Fälle registriert worden waren.

Grippe 2018: Viele Arztpraxen an die Grenzen ihrer Behandlungsmöglichkeiten

Nahezu flächendeckend verzeichnen die Wissenschaftler derzeit in Deutschland stark erhöhte Fallzahlen - unter anderem in der Westhälfte Deutschlands sowie in weiten Teilen Sachsens, Nordbayerns und Südthüringens. Kassenärztechef Andreas Gassen sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Donnerstag laut Vorabmeldung, die anhaltende Grippewelle führe viele Arztpraxen an die Grenzen ihrer Behandlungsmöglichkeiten.

„Teilweise gelangen die Praxen aber an ihre Kapazitätsgrenzen“, betonte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die Ärzte stemmten die Herausforderung „und versorgen die außergewöhnlich vielen grippekranken Patienten“. Allerdings bat Gassen Patienten auch „um Verständnis dafür, falls Terminplanungen auf Grund des Ansturms auf die Praxen kurzfristig verändert werden müssen“.

Wie die „FAZ“ unter Berufung auf das RKI weiter berichtete, starben bundesweit bislang mindestens 213 Menschen an den Folgen der Grippe. Dem Institut zufolge seien dies aber weniger als im Vorjahr. Ein Grund dafür sei, dass eher Jüngere von der Grippewelle betroffen seien, alte Menschen dagegen weniger stark. Patientenschützer warfen derweil Krankenkassen und Behörden Versagen bei der aktuellen Grippewelle vor.

 

Zum Höhepunkt der Grippewelle in Deutschland fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz einen besseren Impfschutz der Bevölkerung. „Bis heute übernehmen nicht alle Krankenkassen die wichtige Vierfach-Impfung“, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. „Gezahlt wird häufig nur der halb so teure Dreifach-Wirkstoff.“

In einem Beitrag für die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Mittwoch-Ausgaben) betonte Brysch: „Dabei fehlt der Dreifachimpfung ein entscheidender Influenzastamm, der für zahlreiche, teils schwerwiegende Erkrankungen verantwortlich ist.“ Ob der Vierfach-Impfstoff aber in ausreichender Menge vorhanden wäre, ist allerdings fraglich.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut (RKI) hatte die Vierfach-Impfung gegen Grippe erst kürzlich empfohlen. In der aktuellen Saison hilft der Dreifach-Impfstoff laut Experten nur bedingt, weil er weniger Virenstämme des Influenza-B-Typs abdeckt. Im Unterschied zur Dreifach- richtet sich die Vierfach-Impfung auch gegen die sogenannte Yamagata-Linie der Influenza-B-Erreger. Sie macht laut RKI etwa 75 Prozent aller Grippefälle aus.

Dennoch biete auch die Dreifach-Impfung guten Schutz, sagt RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher. Bei der derzeitigen Grippewelle liege die Wirksamkeit aller Impfungen zusammen bei 46 Prozent. Das sei angesichts der üblichen Schwankungsbreite von 20 bis 60 Prozent schon recht gut.

Grippe-Impfung seit 2007 Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen

Die Schutzimpfungen sind seit 2007 Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Der für den Leistungskatalog der Kassen zuständige gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), dem Spitzenvertretern von Ärzten, Kassen und Kliniken angehören, hatte im Januar mitgeteilt, nach der Stiko-Empfehlung zügig über eine Aufnahme des Vierfach-Stoffs in die Pflichtleistungen der Kassen zu beraten.

„Hierfür besteht eine gesetzliche Frist von maximal drei Monaten“, sagte G-BA-Chef Josef Hecken. Ansatzpunkte für Klagen über eine Benachteiligung von Kassenpatienten gegenüber Privatversicherten, die die Impfung eher erstattet bekommen, biete der Fall nicht. Bisher habe der G-BA Stiko-Empfehlungen in den meisten Fällen übernommen.

Brysch kritisierte, heute seien chronisch und schwerstkranke Menschen beim Grippeschutz auf das Wohlwollen ihrer Krankenkasse angewiesen. Dass der Gemeinsame Bundesausschuss die Entscheidung über die Vierfach-Impfung erst im April treffen wolle, sei viel zu spät für die diesjährige Grippesaison. „Deshalb muss der Gesetzgeber für solche Gefährdungssituationen ein Eilverfahren einführen.“

RKI-Sprecherin Glasmacher weist darauf hin, dass die Chargen der Impfstoffe schon im vorigen Frühjahr und Sommer produziert worden seien. Vor der Herstellung der Impfstoffe analysieren Experten kontinuierlich die zirkulierenden Varianten von Grippeerregern. Daraus leiten sie die Zusammensetzung der Impfstoffe für die hiesige Grippesaison im Winter ab. Für die Nordhalbkugel veröffentlicht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihre Empfehlung gewöhnlich im Februar. Da Grippeviren sehr wandlungsfähig sind, bieten die Impfungen nie absoluten Schutz. (afp/dpa)