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Gletscherbahnuglück in Kaprun Gletscherbahnuglück in Kaprun: Defekter Heizstrahler löste Katastrophe aus

06.09.2001, 14:12
Die undatierte Aufnahme zeigt einen Heizlüfter
Die undatierte Aufnahme zeigt einen Heizlüfter APA

Salzburg/dpa. - Offenbar wegen «natürlicher Verschleißerscheinungen» sei derVentilator des Heizgerätes in dem unbesetzten, talseitigenFührerstand noch in der Talstation blockiert und dadurch überhitztworden, hieß es. Aus einer undichten Leitung seiHydraulikflüssigkeit auf den glühend heißen Strahler getropft undhabe den Brand bereits im Tal ausgelöst.

Das Feuer hatte nach diesen Informationen noch vor der Einfahrtin den Tunnel zur Bergstation die Holzverkleidungen und dieDämmwolle am Boden erfasst. Ein Augenzeuge, der den Brand auf der600 Meter langen Rampe vor dem Tunnel bemerkte, hatte vergeblichversucht, mit seinem Handy Alarm zu schlagen. Nach Angaben derSachverständigen ist die Unglücksbahn nach zweieinhalb Minuten 530Meter von der Einfahrt entfernt wegen des Druckabfalls in denHydraulikleitungen im Tunnel automatisch gestoppt worden. Die Türenseien von innen auch im Notfall nicht zu öffnen gewesen, so dass dieSkifahrer in der Falle saßen.

Der Brand habe sich durch die «Kaminwirkung im Tunnel» rasendschnell ausgebreitet, berichtete Grafinger weiter. Es sei eineBrandtemperatur zwischen 800 und 1000 Grad entstanden, nachdem dieHydraulikleitungen durch die Hitze geborsten waren.

Nachdem die Türen vom Zugführer teilweise geöffnet wurden, hatteneinige Skifahrer vergeblich versucht, dem Flammenmeer über die nebenden Schienen verlaufende Treppe in Richtung Bergstation zuentkommen. Da diese Treppe aber nur 60 Zentimeter breit war, «wäreeine Rettung auch dann nicht möglich gewesen, wenn die Türen vonHand hätten geöffnet werden können», sagte der Gerichtspräsident.Zwölf Fahrgästen sei jedoch noch die Flucht durch eineingeschlagenes Fenster talwärts gelungen.

Beim dem Heizlüfter handelt es sich «um ein einfaches Gerät, wiees in fast jeder Wohnung im Einsatz ist», erklärte Grafinger. In derBedienungsanleitung sei ausdrücklich festgehalten, dass es nicht inFahrzeuge eingebaut werden darf. Daneben werde auf das Brandrisikobei einem Defekt eigens hingewiesen. Die Staatsanwaltschaftbestätigte, dass die Sachverständigen auch unzureichendeSicherheitsvorkehrungen in und an der Seilbahn festgestellt hätten.So sei der Tunnel unbeleuchtet gewesen. Im Zug hätten Feuerlöschergefehlt.

Gegen wen die Staatsanwaltschaft Anklage erheben werde, wollteGrafinger noch nicht sagen. Nach Darstellung der Anklagebehördewerde wegen «fahrlässiger Herbeiführung einer Feuersbrunst»ermittelt. Das Strafmaß betrage zwischen sechs Monaten und fünfJahren.

Zeitgleich mit der Unterrichtung der Öffentlichkeit durch dieJustizbehörden in Salzburg wurden die Angehörigen der Toten in Linzinformiert. Sie konnten dabei in einer Lagerhalle erstmals dasvöllig ausgebrannte Wrack der Seilbahn sehen.

Das Gletscherbahn-Unglück von Kaprun. (Grafik: dpa)
Das Gletscherbahn-Unglück von Kaprun. (Grafik: dpa)
dpa