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Bildung Gewerkschaft beklagt Personalmangel

Am Donnerstag startet die Schule nach den Sommerferien. Weiterhin fehlen viele Lehrer an Niedersachsens Schulen. Für eine Reform der Lehrerausbildung macht eine Gewerkschaft nun konkrete Vorschläge.

Von dpa Aktualisiert: 14.08.2023, 18:01
Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) spricht im niedersächsischen Landtag.
Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) spricht im niedersächsischen Landtag. Julian Stratenschulte/dpa

Hannover - Kurz vor dem Start des neuen Schuljahres in Niedersachsen hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Lehrkräftemangel beklagt und eine Reform des Referendariats gefordert. Nach Gewerkschaftsangaben vom Montag fehlen landesweit rund 11 000 Beschäftigte an den Schulen, darunter etwa 8000 Lehrkräfte.

Der GEW-Landesvorsitzende Stefan Störmer sagte, die Zahl der Neueinstellungen sinke, wie auch die Zahl der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst. Dies sei ein echtes Alarmzeichen.

In ganz Niedersachsen gibt es rund 70 000 hauptamtliche Lehrerinnen und Lehrer an den allgemein bildenden Schulen. Wie das Kultusministerium jüngst mitteilte, sind von zuletzt knapp 1750 ausgeschriebenen Stellen bisher erst etwas mehr als 1400 besetzt worden.

Zahl der Referendare geht zurück

Die Zahl der Referendare geht laut dem Kultusministerium zurück. 2022 waren es noch rund 4200 Kräfte, ein Jahr zuvor waren es noch knapp 4500. Für dieses Jahr lagen dem Ministerium noch keine Zahlen vor.

„Offenbar wird es zunehmend unattraktiver in den Vorbereitungsdienst einzutreten. Leider stellen wir zudem fest, dass die zeitliche und psychische Belastung im Referendariat zu Unzufriedenheit und Überforderung führen“, sagte Störmer.

Die Gewerkschaft fordert eine Reform des Referendariats. „Die Ausbildung muss praxisorientierter werden und sich stärker auf den Berufsalltag beziehen. Wir brauchen eine Abkehr von der Prüfungsorientierung des Referendariats, hin zu einem Coaching der angehenden Lehrkräfte durch die Studienseminare“, forderte Störmer. Insgesamt solle nach dem fünfjährigen Studium nur noch eine dreijährige Einführungsphase greifen. Das ergäbe eine Verkürzung von eineinhalb Jahren im Vergleich zum bisherigen Ablauf.

Umfrage: Viele Referendare sehen sich nicht gut vorbereitet

Die Gewerkschaft hat von Mitte Juni bis Anfang Juli Referendare und Berufseinsteiger befragt. Von rund 400 Referendaren gaben 84 Prozent an, dass es vollkommen oder überwiegend zutreffe, dass das Studium zu wenig auf die Herausforderungen in der Praxis vorbereite. 36 Prozent gaben an, dass sie sehr häufig oder häufig Angstzustände hätten, wenn sie an das Referendariat denken.

Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der 200 Berufseinsteiger, die die Umfrage beantworteten, gaben an, dass sie sich überfordert fühlen. Jeder zweite gab an, dass er in Teilzeit arbeiten möchte.

Neues Pflichtfach für einige Schüler

Informatik wird nach den Sommerferien an fast 1000 allgemeinbildenden Schulen in Niedersachsen im Jahrgang 10 zum Pflichtfach. Ein Jahr später wird Informatik auch in der 9. Klasse ein Pflichtfach. Störmer sprach von einem Lehrermangel für das Fach. „Ich weiß nicht, wo die alle herkommen sollen.“

Die GEW hat nach eigenen Angaben rund 30 000 Mitglieder im Bundesland. Am Donnerstag beginnt das neue Schuljahr in Niedersachsen. Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) wird am Mittwoch einen Ausblick auf das neue Schuljahr geben.

Pensionierte Lehrer wieder in Klassenzimmern?

Störmer kritisierte, dass es keinen Brief von Kultusministerin Hamburg an pensionierte Lehrer gegeben hätte, um für eine Weiterbeschäftigung zu werben. Das Kultusministerium bestätigte, dass es einen solchen Brief bislang nicht gegeben hat. Die Ministerin habe in der Vergangenheit jedoch mit diversen Statements um Pensionierte geworben, teilte ein Ministeriumssprecher mit. Schulleitungen und Landesämter würden zudem proaktiv auf pensionierte Lehrkräfte zugehen. Man prüfe derzeit, ob sich eine umfangreiche Werbeansprache per Brief umsetzen ließe. Der Sprecher verwies zudem auf eine Anhebung der sogenannten Hinzuverdienstgrenze.

Weitere Stimmen zum Schulstart

Der Verband niedersächsischer Lehrkräfte (VNL) blickt mit großer Sorge auf das neue Schuljahr. „Kultusministerin Julia Willie Hamburg hat es nicht geschafft, zum neuen Schuljahr alle ausgeschriebenen Lehrkräftestellen zu besetzen. Die daraus resultierende schlechte Unterrichtsversorgung wird für alle an Schulen Beteiligten zu einer nicht hinnehmbaren Belastung und Benachteiligung führen“, sagte Verbandsvorsitzende Torsten Neumann.

Grundsätzlich begrüßt der Verband die Einführung des Faches Informatik. Das sei ein notwendiger Schritt, auch mit Blick auf die Berufsvorbereitung. Für so manche Schule werde die verpflichtende Einführung zu einer Herausforderung, da nicht genügend ausgebildete Fachkräfte für dieses neue Pflichtfach zur Verfügung stünden, hieß es.

Ministerium verweist auf geplante Gehaltsanhebung

Gefragt nach den Maßnahmen zur Verbesserung der Situation an Schulen, verwies das Kultusministerium kürzlich auf die für 2024/25 geplante Anhebung der Gehälter von Lehrkräften, die an Grund-, Haupt- und Realschulen unterrichten. Diese soll die Arbeit an den Schulen attraktiver machen. Zudem solle zusätzliches Schulpersonal etwa für die IT oder Verwaltung die Lehrkräfte entlasten, so das Ministerium.