Corona-Demonstrationen Gewalt bei Demo: Verfahren gegen Polizisten eingestellt
Proteste gegen Corona-Maßnahmen hielten die Polizei in Atem und sorgten für Schlagzeilen. Es kam zu Gewalt und Festnahmen. Ob ein Berliner Beamter überzogen reagierte, prüfte nun ein Gericht.
Berlin - Ein Berliner Polizeibeamter hat bei einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen sein dienstliches Reizgas eingesetzt und einen Mann verletzt. Dreieinhalb Jahre nach dem Vorfall hat das Amtsgericht Tiergarten ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen eine Geldauflage eingestellt. Der 35-Jährige soll insgesamt 6.000 Euro zahlen - 3.000 Euro sollen an den damaligen Demonstranten gehen, 3.000 Euro an die Berliner Justizkasse.
Der Angeklagte habe geschildert, warum er dem inzwischen 67-jährigen Mann aus Hamburg schließlich Reizgas in das Gesicht gesprüht habe, sagte Richter Andreas Lascheit. „Und es ist für das Gericht nicht von der Hand zu weisen.“ Die Einstellung des Verfahrens nach mehrstündiger Verhandlung erfolgte mit Zustimmung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung.
Der 35-Jährige war im April 2021 als Zugführer im Bereich des Berliner Tiergartens im Einsatz. Tausende Menschen hatten sich zu Protesten gegen die Corona-Politik versammelt. Nachdem die Versammlung durch die Polizei aufgelöst worden war, sollte der Angeklagte mit wenigen Kollegen verhindern, dass ehemalige Teilnehmer der Demonstration das Holocaust-Mahnmal in Berlin-Mitte betreten.
Zunächst habe der 35-Jährige zwei ungezielte Sprühstöße aus seiner Reizgasdose abgegeben, um die Menge in eine andere Richtung zu lenken, so die Anklage. Der 67-Jährige allerdings sei stehengeblieben. Der Angeklagte habe ihm schließlich in der irrigen Annahme, der Mann wolle sich der polizeilichen Maßnahmen widersetzen, Reizgas in das Gesicht gesprüht.
„Sie waren 400, wir nur sieben Beamte.“
„Ich hatte den Auftrag, die Sperre zu sichern“, hatte der Angeklagte erklärt. „Sie waren 400, wir nur sieben Beamte.“ Er habe dann mit der Dose in der Hand vor dem 67-Jährigen gestanden und erwartet, dass sich der Mann zurückziehen würde. „Als er stehenblieb, schob ich ihn am Oberkörper, er aber hielt mich am Arm fest und zog mich in seine Richtung, ich holte zu einem Schwinger aus“, so der 35-Jährige. Der Mann habe zwar losgelassen, sich aber auf ihn zubewegt – „für mich war es ein Angriff, ich setzte Pfefferspray ein“.
Der 67-Jährige, der nach seinen Angaben seit Jahren an erheblichen gesundheitlichen Problemen leidet, erlitt einen Krampfanfall und ging zu Boden. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht, am Abend konnte er zurück nach Hamburg fahren. Aus seiner Sicht sei es grundlose Gewalt gewesen, sagte er als Zeuge im Prozess. „Ich habe nichts gemacht.“ Er habe auch seine Hände gehoben und dem Beamten so signalisieren wollen, dass er nicht aggressiv sei.
Zweiter Vorwurf wurde damit eingestellt
Eingestellt wurde mit der Entscheidung auch ein zweiter Vorwurf, der sich auf eine Demonstration der sogenannten Querdenkerszene im August 2021 bezog. Die Anklage war zunächst davon ausgegangen, dass der 35-Jährige einen bereits von zwei weiteren Polizeibeamten fixierten Mann mit der Faust geschlagen habe. Ein Video des Geschehens belegte, dass der Vorwurf falsch ist, sagte der Verteidiger. Das Gericht hörte zu dem Vorfall keine Zeugen.