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Landesparteitag Gewachsene AfD ringt in Niedersachsen um interne Strukturen

Nicht nur die Zustimmungswerte der niedersächsischen AfD steigen - auch ihre Mitgliederzahlen. Der Landesverband reagiert darauf mit einer Umstellung, die in der Partei hitzig diskutiert wird.

Von dpa Aktualisiert: 19.08.2023, 16:09
AfD-Landesparteichef Frank Rinck (r) und Fraktionsvorsitzender Stefan Marzischewski-Drewes.
AfD-Landesparteichef Frank Rinck (r) und Fraktionsvorsitzender Stefan Marzischewski-Drewes. Julian Stratenschulte/dpa

Celle - Niedersachsens AfD stellt ihre Parteistrukturen angesichts des Umfragehochs neu auf. Nachdem die Rechtsaußenpartei in den vergangenen Jahren oft von internen Querelen geprägt war, beschworen Parteichef Tino Chrupalla und Landeschef Frank Rinck bei einem von Protesten begleiteten Landesparteitag am Samstag in Celle den Zusammenhalt. „Wir stehen geschlossen, wir stehen zusammen“, sagte Rinck. „Wir sind erwachsen geworden“, sagte Chrupalla.

Die Mitgliederzahl der AfD in Niedersachsen ist von rund 2500 Ende vergangenen Jahres auf mittlerweile rund 3000 gestiegen. Eine Umfrage sah die Partei im Land zuletzt bei 14 Prozent Zustimmung. Schon bei der Landtagswahl im Oktober hatte die AfD ihr Ergebnis von 2017 fast verdoppelt und 11 Prozent der Stimmen erhalten.

Ihre neue Größe ist für die AfD allerdings auch eine Herausforderung. So fiel es der Partei immer schwerer, ausreichend große Hallen für ihre Parteitage zu finden - auch, weil diese Treffen bisher für alle Mitglieder offenstanden. In Celle entschieden die Mitglieder nun mit 355 Ja- und 118 Nein-Stimmen nach einer hitzigen Debatte, dass künftig auch Parteitage mit Delegierten stattfinden können. Die Veranstaltungen könnten dadurch künftig kleiner ausfallen als nun in Celle, wo rund 470 AfD-Mitglieder stimmberechtigt waren.

Der Landesvorsitzende Rinck hatte eindringlich appelliert, die Änderung sei nötig, um den Landesverband überhaupt arbeitsfähig zu halten. Gefühlt habe die AfD bereits jede Halle in Niedersachsen versucht, per Klage zu mieten - mit überschaubarem Erfolg. Auch die Halle in Celle zu bekommen, habe Monate gedauert, hieß es. Gegenredner hielten entgegen, die Mitglieder würden mit der Umstellung auf Delegierte entmündigt. Das widerspreche den Grundsätzen der AfD.

Insgesamt will der Landesvorstand die AfD Niedersachsen mit dem Parteitag professioneller aufstellen als bisher. Am Sonntag soll dafür auch ein Generalsekretär gewählt werden. „Mittlerweile sieht man, dass sich dieser Landesverband professionalisiert“, erhielt die niedersächsische Führung Rückendeckung von Bundessprecher Chrupalla.

Der Parteichef schickte zudem eine Kampfansage an die CDU. „Friedrich Merz wollte uns halbieren. Stattdessen haben wir uns verdoppelt“, sagte Chrupalla und ergänzte: „Wir müssen die CDU halbieren, und die Grünen müssen verschwinden als gefährlichste Partei.“ CDU-Bundeschef Merz hatte 2018 gesagt, er traue es sich zu, die AfD zu halbieren.

Chrupalla unterstrich, die AfD sei bereit, schrittweise Regierungsverantwortung zu übernehmen. Andere Parteien hätten Angst davor, dass es den Bürgern besser gehe, wenn die AfD regiere, sagte er. Die AfD könne aber nicht nur Opposition, sondern auch Leistung zeigen. „Das werden wir zeigen, in den Kommunen, da müssen wir anfangen, dann in den Landesparlamenten und dann in der Bundesregierung“, sagte Chrupalla.

Im thüringischen Landkreis Sonneberg stellt die AfD erstmals einen Landrat, in Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt einen Bürgermeister. Auch bei den Landtagswahlen im Osten im nächsten Jahr sieht Chrupalla die Chance für die AfD, als Sieger hervorzugehen.

Draußen in Celle demonstrierten unterdessen Hunderte gegen das Treffen der AfD. Die Polizei sprach von rund 1500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die Veranstalter selbst von 2000. Hauptredner Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall, sagte, die AfD stelle eine Gefahr für das Land und die Demokratie dar.

Die AfD ist auch in Niedersachsen als Verdachtsobjekt auf dem Radar des Verfassungsschutzes. Verfassungsschutzpräsident Dirk Pejril stellte Anfang des Jahres fest, dass von einer Distanzierung von radikalen innerparteilichen Kräften wenig zu erkennen sei.