Gesellschaft Gesellschaft: Männer und ihre haarigen Probleme

Hamburg/dpa. - Selbst wenn jemand nachhilft: Da sei doch nichts dabei, findetKlaus-Dieter Kaiser, Ex-Friseur-Weltmeister und Besitzer zweierSalons in Lüneburg. «Wenn's besser aussieht, ist es doch in Ordnung.»Gab es früher beim Friseur Kabinen, in denen sich Männer Umformungen(vulgo: Dauerwellen) machen ließen oder sich beim Färben versteckenwollten, so sitzen die Kunden heute offen im Salon. SchauspielerHarvey Keitel ließ für einen dringenden Friseurtermin schon einmaleine Pressekonferenz sausen, weil er sich für eine Rolle die Haarenachfärben lassen musste.
Überhaupt scheinen Männer lockerer geworden zu sein. Träger von«Schummelscheiteln», jenen über die Glatze gekämmten Haarsträhnen,gebe es fast überhaupt nicht mehr, hat zumindest Kaiser beobachtet.«Lächerlich» findet er es, wenn beim Schwimmen die Locke auf derSchulter klebt. «Wir verstecken nichts», ist seine Devise. Wer unterKahlschlag leidet, hält es oft wie Actionheld Bruce Willis und trägtdas Resthaar lieber etwas kürzer. Heiner Lauterbach und UweOchsenknecht («Männer») machen es ähnlich, letzterer geht alsBotschafter der Initiative ProHaar in die Offensive: «Kein Mannbraucht sich wegen seines Haarausfalls zu schämen.»
Während die einen sich mit Geheimratsecken oder dem schütteremSchopf beschäftigen, liebäugeln andere mit Färben oder Tönen.«Tatsache ist, dass Männer zunehmend bereit sind, an der Farbe ihresHaares etwas ändern zu lassen», sagt Bernd Müller,Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des DeutschenFriseurhandwerks in Köln. Besonders junge Männer haben keine Scheu,«ein bisschen Leben» in die Haare zu bringen, zum Beispiel mitSträhnen. Beim Färben wird der Ton durch Oxidation geändert, beimTönen ist es ein physikalischer Vorgang, die Pigmente werden quasi«angeheftet», wie Müller erläutert.
Graue Schläfen wie bei Joachim «Blacky» Fuchsberger, demFernsehidol der 80er Jahre, seien dagegen nicht mehr ganz so gefragt,meint Kaiser. Es herrsche auch auf den Köpfen eher der «totaleJugendwahn»: «Ein Zeichen von Alter, das wollen die Menschen nicht.»Gleichwohl gebe es auch ein paar wenige Glückliche, die im Alterwirklich gar keine weißen Haare bekämen.
Wer glaubt, nur bei Schröder oder Angela Merkel werde auf dieFrisur geachtet, hat sich getäuscht. Auch Unions-KanzlerkandidatEdmund Stoiber sah sich schon im Urteil eines «Star-Friseurs»: «Seinjetziger Schnitt ist ein bisschen zu gebrezelt und hingeföhnt», sagteGerhard Meir der Illustrierten «Bunte». Wie sich die Frisur auf diePolitik auswirkt, zeigt ein Blick nach Spanien. Dort beeinflusstendie Haare der Kandidaten die Stimmabgabe bei der Wahl vor zwei Jahrenvon 2000 um bis zu 30 Prozent, wie aus einer Umfrage hervorging. JoseMaria Aznar, Träger einer dunklen, vollen Pracht, siegte überraschendüber seinen Gegenkandidaten Joaquin Almunia - einen Glatzkopf.