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Gesellschaft Gesellschaft: Experten raten vom Oberlippenbart ab

Von Gregor Tholl 12.01.2007, 08:15
Die fotogene Bartpartie von Schauspieler Ingo Lenßen (Sat.1, Fernsehanwalt «Lenßen & Partner»), aufgenommen in Hamburg (Archivfoto vom 25.01.2005). (Foto: dpa)
Die fotogene Bartpartie von Schauspieler Ingo Lenßen (Sat.1, Fernsehanwalt «Lenßen & Partner»), aufgenommen in Hamburg (Archivfoto vom 25.01.2005). (Foto: dpa) dpa

Düsseldorf/Köln/dpa. - Nach Meinung vieler Mode-Experten sollte diese Artvon Bart generell weg. Für sie ist der Schnäuzer nicht der Bart des Propheten, sondern der Bart des Proleten. Dennoch berichtenLifestyle-Blätter und TV-Magazine immer wieder vom angeblich erneutin Mode kommenden Oberlippenbart. Auch derzeit soll es demnach eineRenaissance geben. Es steht die Frage im Raum: Ist der Schnäuzer, denaußer Hitler auch Diktatoren wie Stalin oder Saddam Hussein trugen,ein «böser Bart»?

«Ich finde, es gibt in Deutschland, vor allem im Rheinland und inSüddeutschland, immer noch viel zu viele Schnäuzer auf den Straßen»,schimpft ein Düsseldorfer Friseur. Dem hält der überzeugteSchnurrbart-Träger und TV-Standesbeamte Willi Weber («Traumhochzeit»)aus Bad Münstereifel entgegen: «Der Schnurrbart ist ein tollesWiedererkennungszeichen. Als natürlicher Körperschmuck unterstreichter die Persönlichkeit und gibt einem Mann ein markantes Äußeres.» BeiPolizei oder Armee habe er lange Zeit zudem für Autorität und Stärkegestanden. Im Türkei-Urlaub sei er für seinen gezwirbelten Bart immerbewundert worden, unterstreicht Weber.

Nicht für «böse», aber für «stilistisch oft nicht stimmig» hältihn der Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts (DMI), GerdMüller-Thomkins, in Köln. «Ein Oberlippenbart muss sehr gepflegtwerden. Gerade bei jüngeren Leuten passt das meist nicht zu ihremLifestyle.»

Wenn überhaupt zu Haar im Gesicht, dann tendierten junge Männerheute zu einem Bart, der Mund und Kinn umrundet, so wie ihn Stil-Ikonen wie der Rapper Snoop Dogg oder der Schauspieler Johnny Depptrügen, sagt Müller-Thomkins. Auch der dünne Latino-Linienbart, wieihn beispielsweise der Fußballer Kevin Kuranyi trage, sei in manchenMilieus «in». Zu einer breiten Bewegung werde das Barttragen nichtmehr, meint der Mode-Experte. «Ein Bart hat nichts Provokatives mehr- schon gar nicht der Oberlippenbart. Gerade Heranwachsende mitFlaumbärten sehen eher albern als aufmüpfig aus.»

«Mit einem Oberlippenbart darf heute eigentlich kein Mann mehrankommen», sagt der Sprecher des Modeteams des in Köln ansässigenZentralverbands des deutschen Friseurhandwerks, der LüneburgerFriseur Klaus-Dieter Kaiser. «Das Ding ist absolut kein Trend». DerSchnäuzer werde fast nur noch als Zeichen der 70er oder 80er Jahreeingesetzt, den sich Schauspieler dann für einen in dieser Zeitspielenden Film stehen ließen.

Die «Oberlippenkrause» könne Figuren auch besonders lächerlichmachen, sagt Kaiser. Beispiele: die Lokaljournalisten-Karikatur HorstSchlämmer alias TV-Entertainer Hape Kerkeling oder der Pseudo-Kasache«Borat», gespielt vom britischen Komiker Sacha Baron Cohen.

Zu einem Markenzeichen wie er es einst bei Kinogrößen wie ClarkGable, Sean Connery, Burt Reynolds und Tom Selleck wurde oder auchbei Schlagersänger Wolfgang Petry, Literaturnobelpreisträger GünterGrass und Schauspieler Armin Mueller-Stahl, kann der Schnäuzer heutedemnach nicht mehr werden.

Lange war ein Blick auf die Spieler der Bundesliga eine Garantiefür die Begegnung mit Schnauzbart-Trägern. Doch die Bartmode derSpieler hat sich geändert: kaum noch Schnäuzer auf dem Spielfeld.Doch über die Trainerbank tritt er wieder in Erscheinung - zumindestließe sich die Rückkehr von Christoph Daum zum 1. FC Köln auf dieseWeise deuten. In anderen Sportarten fällt ansonsten nur der polnischeSkispringer Adam Malysz als Schnäuzer-Träger auf.

Auf ein angebliches Comeback des Schnäuzers in New York reagierteder Fernsehsender Das Vierte vor ein paar Wochen. «In denUSA ist der Schnurrbart wie in den 70er und 80er Jahren schon envogue - Mann trägt wieder "Schnauzer"! Regisseur Jay Della Valledrehte sogar einen Dokumentarfilm mit dem Titel "Die glorreicheSchnurrbart-Herausforderung"», hieß es in einer Mitteilung. Der TV-Sender hatte im Oktober deshalb ein «Schnauzer-Weekend» im Programm -ein Wochenende lang nur Filme mit «Schnurrbart-Trägern» wie zumBeispiel den Klassiker «Easy Rider».