Hertha BSC Gersbeck-Reue mit Entschuldigung bei Hertha-Versammlung
Die Finanzlage von Hertha ist weiter angespannt. Aber sie bessert sich. Sportlich machen die Profis Hoffnung. Und einer von ihnen entschuldigt sich für sein schweres Fehlverhalten bei den Mitgliedern.
Berlin - Der Präsident beschwor aus dem Krankenbett per Video das neue Hertha-Gefühl, für einen reumütigen sportlichen Hoffnungsträger gab's vorab Applaus. Nicht mal der Jahresfehlbetrag in fast dreistelliger Millionenhöhe BSC der Saison 2022/23 konnte die über 1600 anwesenden Mitglieder bei der ordentlichen Versammlung am Sonntag besonders schocken. „Wir müssen den Weg der wirtschaftlichen Konsolidierung jeden Tag diszipliniert weitergehen - mit Leidenschaft, Herz und Demut“, mahnte Präsident Kay Bernstein: „Wir haben unheimlich viel geschafft, aber außer dem Überleben noch nichts erreicht.“
Nach einem Unfall auf der Geschäftsstelle konnte er nicht am Pult in der Messehalle 21 stehen, er befindet sich weiter im Hospital. Das sei ein bisschen Sinnbild, meinte Geschäftsführer Thomas Herrich und mahnte: „Wir dürfen auf keinen Fall in alte Verhaltensmuster zurückfallen.“ Denn Hertha erholt sich auch finanziell langsam nach Jahren des Wucherns, jeder Rückfall wäre fatal. Hertha sei nach wie vor ein Sanierungsfall, betonte Herrich: „Auch wenn ich gern was anderes sagen würde: Das wird noch ein langer Weg.“
Sportlich verläuft der Neustart in der zweiten Liga bisher zumindest schon vielversprechend unter Herthas Spieler und Trainerlegende Pal Dardai. Er spüre eine ganz andere Stimmung in der Hertha-Familie als noch vor 16 Monaten, erklärte auch Bernstein.
Allerdings ging es bei der stundenlangen Mitgliederversammlung gleich mal mit einer Rücktrittserklärung von Aufsichtsratschef Klaus Brüggemann und Renate Döhmer aus dem Gremium los. Drei Personen sind noch verblieben, satzungsgemäß reicht das aus. Bei der Nachwahl fürs aktuell nur fünfköpfige Präsidium fiel im ersten Durchgang keine Entscheidung. Bis zu vier neue Mitglieder waren möglich. Drei wurden es: Neben Anne Noske votierten die anwesenden Mitglieder im zweiten Wahlgang mit der erforderlichen Mehrheit für Ralf Thaeter und Saravanan Sundaram.
Zahlen und Auszählungen waren das eine, mit großer Spannung wurde aber vor allem aber der Auftritt von Marius Gersbeck erwartet. Der 28 Jahre alte Berliner Keeper, den Hertha als Hoffnungsträger zurückgeholt hatte, der sich aber im Trainingslager vor der Saison eine Schlägerei in Österreich geleistet und einem 22 Jahre alten Österreicher Gesichtsverletzungen zugefügt hatte.
„Am 15. Juli habe ich den größten Fehler meines Lebens gemacht“, sagte Gersbeck zu Beginn seiner Ausführungen, bei denen er sich auch explizit entschuldigte. Mit Applaus hatten die Mitglieder reagiert, als er auf Bühne ging. „Ich werde euch in Zukunft den Menschen Marius Gersbeck zeigen, der seinen Fehler bereut und für die richtigen Werte und Normen steht. Messt mich an meinem Auftreten, Aussagen und Handeln“, forderte Gersbeck, der im weißen Hemd mit dunklem sportlichem Sakko auf die Bühne trat.
„Wie ihr wisst, erfolgt auch meine Rückkehr in den Verein unter Auflagen. Das akzeptiere ich selbstverständlich und werde diese erfüllen“, versicherte er. Gersbeck hatte unerlaubt das Team-Hotel an dem Abend verlassen. Vom Landgericht Salzburg war er nach einem Schuldeingeständnis und einer Entschuldigung bei dem Opfer zu 40.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden.
Nachdem es Austrittsankündigungen gegeben hatte, weil nicht alle von der zweiten Chance für Gersbeck bei Hertha begeistert waren, habe er versucht, mit jedem einzelnen Kontakt aufzunehmen. „Ich bin sehr froh darüber, dass nach unseren Gesprächen viele von ihnen unserem Verein doch treu bleiben“, erklärte er und gab noch ein weiteres persönliches Gesprächsangebot für kommenden Mittwoch nach dem Training ab. „Ich hoffe, auch euch spätestens dann zeigen zu können, dass es einen größeren Mehrwert hat, mich im Verein zu behalten, anstatt mich zu entlassen.“ Gersbeck will nach eigener Aussage in Zukunft zudem Kinder und Jugendliche begleiten und unterstützen, „dass ihnen nicht das widerfährt, was ich getan haben“.