Umbau der Stahlindustrie EWE liefert „grünen“ Wasserstoff für „grünen“ Stahl
Der Umbau der Stahlindustrie gilt als eine der größten Herausforderungen bei der Energiewende. EWE und das Stahlwerk Georgsmarienhütte machen hier jetzt gemeinsame Sache.
Georgsmarienhütte - Der niedersächsische Stahlhersteller Georgsmarienhütte (GMH) will bis 2039 komplett auf CO2-frei hergestellten Stahl umstellen. Den dafür benötigten „grünen Wasserstoff“ soll der Oldenburger Versorger EWE liefern, wie beide Unternehmen am Donnerstag mitteilten. In Georgsmarienhütte wurde eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet.
„Mit unserer Infrastruktur, insbesondere im Bereich der Kavernenspeicherung und dem leitungsgebundenen Transport von Wasserstoff, bieten wir die Grundlage dafür, einen Industrieverbraucher wie GMH im großen Maßstab sicher mit „grünem Wasserstoff“ versorgen zu können“, sagte EWE-Chef Stefan Dohler. Daher sei man auch in der Lage, GMH mit aus Ökostrom produziertem „grünen Wasserstoff“ für die Stahlproduktion zu versorgen, den EWE in Anlagen nahe der Nordseeküste mit Windstrom herstellen wolle. Per Pipeline könnte der Wasserstoff dann nach Georgsmarienhütte geliefert werden.
Hintergrund ist der Umbau der Stahlindustrie im Zuge der Energiewende. Sowohl Georgsmarienhütte als auch Niedersachsens zweiter Stahlkocher Salzgitter wollen komplett auf CO2-frei erzeugten Stahl umstellen. Georgsmarienhütte will den CO2-Ausstoß bis 2030 um die Hälfte senken, 2039 dann komplett klimaneutral produzieren. „Mit unserer Leittechnologie Elektrostahl und optimierten Prozessen sowie dem Einsatz von Wasserstoff statt Erdgas ist das realistisch machbar“, sagte GMH-Chef Alexander Becker. „Wir freuen uns daher, dass wir einen starken Partner in der Nähe unseres größten Stahlwerks gefunden haben, der diesen Weg gemeinsam mit uns gehen wird.“
EWE plant unter dem Projektnamen „Clean Hydrogen Coastline“ den Aufbau einer eigenen Wasserstoffproduktion nahe der Nordseeküste. „Wir wollen an systemdienlichen Standorten nahe der deutschen Nordseeküste bis zu 400 Megawatt Elektrolysekapazität aufbauen, aus der wir je nach Absatzmarkt ab 2026 jährlich bis zu 40.000 Tonnen „grünen Wasserstoff“ produzieren können“, sagte Dohler. Windstrom aus Anlagen an Land und vor der Küste sollen die Wasserstoffproduktion komplett CO2-frei machen.
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der seine Teilnahme bei der Unterzeichnung in Georgsmarienhütte kurzfristig abgesagt hatte, erklärte per Mitteilung: „Ich freue mich sehr, dass EWE und Georgsmarienhütte sich darauf verständigt haben, den Aufbau der Wasserstoffindustrie deutlich zu beschleunigen. Niedersachsen bietet gerade in diesen Bereichen einzigartige Standortvorteile: viel Windenergie auf Land und auf See, wichtige Seehäfen zum Import und zur Verteilung von grünem Wasserstoff und großvolumige unterirdische Formationen zur Speicherung von Wasserstoff.“
Das stärkt nach Weils Worten das Land auch als Industriestandort. „Das ist eine echte Chance für Niedersachsen“, hatte Weil bereits am Mittwoch auf dem Tennet-Netzgipfel in Lehrte gesagt. „Wir wollen versuchen, daraus mehr Industrie für Niedersachsen zu gewinnen. Nach der alten Logik: Die Industrie folgt der Energie.“
Die Stahlindustrie gilt bisher als einer der größten CO2-Emittenten des Landes. Allein die Salzgitter AG ist nach eigenen Angaben für ein Prozent des CO2-Ausstoßes in ganz Deutschland verantwortlich. Bis 2033 will das Unternehmen den Wert auf nahezu Null senken. Der erste Hochofen, in dem Eisenerz bisher mit Kohle eingeschmolzen wird, geht bereits 2026 außer Betrieb. Als Ersatz kommt auch in Salzgitter „grüner“ Wasserstoff zum Einsatz.