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Schulen Gemeinsamer Unterricht für alle? – Baustelle Inklusion

Sachsen-Anhalt gehört bundesweit zu den Schlusslichtern beim gemeinsamen Unterricht für Kinder mit und ohne besonderen Förderbedarf. Einfache Lösungen gibt es nicht.

Von dpa 06.02.2025, 14:24
Es fehlen Förderpädagogen an den Schulen. (Archivbild)
Es fehlen Förderpädagogen an den Schulen. (Archivbild) Jonas Güttler/dpa

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Behindertenbeauftragter Christian Walbrach hat Bewegung bei der gemeinsamen Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung gefordert. Er habe Achtung vor der Arbeit in den Förderschulen, nötig sei aber eine sonderpädagogische Kompetenz unabhängig vom Schultyp, sagte Walbrach bei einer Anhörung des Bildungsausschusses im Landtag in Magdeburg. „Wir müssen den Förderauftrag der allgemeinen Schulen stärken.“ 

Mehrere Förderschulleiter betonten die Bedeutung der besonderen Fördermöglichkeiten für Kinder mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten. Aus ihrer Sicht sollte es leichter möglich sein, dass Kinder ab der ersten Klasse die Förderschule besuchen. Leiter inklusiver Schulen waren nicht eingeladen.

Walbrach forderte, es dürfe keine Einweisungsdiagnostik Richtung Förderschulen geben bei der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs der Kinder. Vielmehr müsse nach einer neutralen Diagnostik festgestellt werden, welche Schule der richtige Ort sei. 

Allerdings fehle Personal an den Schulen. Zudem fehlten im kleinteiligen Schulsystem Förderpädagogen. Auch deshalb entschieden sich viele Eltern für den „Schonraum Förderschule“, so Walbrach, der einst selbst eine inklusive Grundschule aufbaute. Ausgangspunkt der Anhörung war ein Antrag der Grünen-Fraktion, die Inklusion an den Schulen zu stärken.

Geänderte Ausbildung für Lehrkräfte?

Experten der Martin-Luther-Universität Halle, an der der Schwerpunkt der Lehrerausbildung in Sachsen-Anhalt liegt, erklärten, bundesweit gehe das Interesse an der Förderschulpädagogik zurück. Man könne Lehrkräfte ausbilden, die an der Grundschule unterrichten können und über sonderpädagogische Expertise verfügen sowie an Förderschulen. 

Es gehe um eine Veränderung des Berufsverständnisses. Mehrere Anzuhörende betonten die Notwendigkeit multiprofessioneller Teams an den Schulen.

Michael Struckmeier vom Landkreistag Sachsen-Anhalt sagte, für manche Schülerinnen und Schüler sei der geschützte Raum wichtig, andere seien dadurch benachteiligt in ihrem weiteren Leben, weil ihnen etwa ein Abschluss fehle. Wichtig sei, die Rückkehr ins Regelsystem mitzubedenken. Man könne sich nicht leisten, dass immer mehr Menschen keinen Schulabschluss haben.

Regionale Unterschiede beim festgestellten Förderbedarf

Struckmeier wies auch auf regionale Unterschiede hin beim Anteil der Kinder, bei denen Förderbedarf festgestellt wurde. „Wir können uns diese Unterschiede nicht erklären, weil wir nicht im Verfahren sind.“

Laut der Bertelsmann-Stiftung gehört Sachsen-Anhalt beim Thema Inklusion an den Schulen zu den Schlusslichtern. Auch die Förderquote unterscheide sich zwischen den Bundesländern zum Teil deutlich. So werde in Sachsen-Anhalt fast doppelt so häufig ein Förderbedarf bei Schülerinnen und Schülern festgestellt (9,4 Prozent) wie in Hessen (5,1 Prozent Förderquote).