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Ausstellungen Gedenkstätte Lindenstraße eröffnet digitalen Rundgang

Die Potsdamer Gedenkstätte Lindenstraße ist ein besonderer Ort der politischen Verfolgung: Mitten in der barocken Innenstadt wurden in der Zeit des Nationalsozialismus, während der sowjetischen Besatzung und in der DDR-Zeit Tausende Menschen inhaftiert.

Von dpa Aktualisiert: 16.02.2023, 21:47
Der Innenhof der Gedenkstätte Lindenstraße 54.
Der Innenhof der Gedenkstätte Lindenstraße 54. Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Potsdam - Die Potsdamer Gedenkstätte Lindenstraße ist nun auch im Internet erlebbar: Mit einem digitalen Rundgang durch das ehemalige Gerichtsgebäude und die Haftanstalt sollen insbesondere Menschen aus Behinderten-Werkstätten angesprochen werden, die wegen physischer und sozialer Barrieren bislang wenig Zugang zu der Gedenkstätte hätten, erläuterte Bildungsreferent Michael Siems am Mittwoch. In dem 2500 Quadratmeter große Haftkomplex in der Potsdamer Innenstadt waren in den Zeiten des Nationalsozialismus, der sowjetischen Besatzung und in der DDR-Zeit Tausende Menschen insbesondere aus politischen Gründen inhaftiert.

Zugleich könne die Gedenkstätte nun von jedem Ort der Welt digital besucht werden, sagte Siems. Der digitale Rundgang führt durch Verhörräume der Stasi und Zellen mit noch originaler oder rekonstruierter Ausstattung - aber auch an Orte, die sonst nicht zugänglich sind: Etwa in den Dachstuhl des „Großen Holländischen Hauses“ aus dem 18. Jahrhundert, der insbesondere architektonisch interessant ist - und in das Innere der Gefangenen-Transporter, die sonst nur mit Glasscheibe und Abstand für die Besucher sichtbar sind.

Als Ort von Haft und Verfolgung unter verschiedenen politischen Systemen stehen in diesem Jahr zwei besondere Jahrestage an: Der 90. Jahrestag des „Tags von Potsdam“ am 21. März 1933, als in der Garnisonkirche der Reichstag unter Reichskanzler Adolf Hitler eröffnet wurde und der 70. Jahrestag des Arbeiteraufstands in der DDR am 17. Juni 1953.

Mit einer Ausstellung zur Weimarer Republik vom 17. Mai bis 11. August erinnert die Gedenkstätte zudem an das Krisenjahr 1923 vor 100 Jahren. Zum „Tag von Potsdam“ gibt es eine Buchvorstellung über die Lebenserinnerungen des Potsdamers Ludwig Levy und eine Ausstellung unter dem Titel „Entrechtet“ über das Schicksal weiterer Juristen aus der Stadt, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten aus ihren Ämtern gedrängt und verfolgt wurden.

Zum Arbeiteraufstand gibt es ein Podiumsgespräch und ein Gedenken: In der Lindenstraße wurden nach dem Aufstand Tausende Menschen inhaftiert. Insgesamt saßen dort von 1952 bis 1989 etwa 7000 Menschen ein, oft wegen Republikflucht oder nur nach Ausreiseanträgen.

Gedenkstättenleiterin Maria Schultz hofft, dass der virtuelle Rundgang vielen Interessierten Lust auf einen persönlichen Besuch in der Gedenkstätte macht. Wichtig sei dieser neue, inklusive Zugang aber insbesondere für Menschen mit Behinderungen, betonte Schultz. In der Lindenstraße tagte auch das Erbgesundheitsgericht der Nationalsozialisten und ordnete Zwangssterilisationen an.

Nach Angaben von Schultz hatte die Gedenkstätte im Vor-Corona-Jahr 2019 rund 15.000 Besucher, diese Zahl wurde im vergangenen Jahr fast wieder erreicht. Etwa ein Drittel der Besucher sind Schüler.