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Grinsen, johlen, knipsen Gaffer in Berlin: Schaulustige behindern Helfer nach einem Unfall in Neukölln

Von Alexander Schmalz 08.05.2017, 07:54
Nach einem schweren Unfall in Neukölln, hat die Polizei mit viel Gaffern zu kämpfen.
Nach einem schweren Unfall in Neukölln, hat die Polizei mit viel Gaffern zu kämpfen. pudwell

Neukölln - Erneuter Gaffer-Wahnsinn nach einem Kreuzungscrash. Ein Dutzend Männer und sogar zwei Kinder stehen bei einem Rettungseinsatz in der Nacht zum Sonntag am Straßenrand und glotzen. Darüber berichtet der Berliner Kurier.  Immer wieder entern kleinere Grüppchen die Kreuzung, um Fotos von sich vor den Wracks und Verletzten zu machen. Typisches Public-Unfall-Viewing in Neukölln.

Es ist 22.05 Uhr. Zwei Autos krachen an der Fuldastraße/ Ecke Donaustraße zusammen. Ein Touran-Fahrer (51) soll einen Golf übersehen haben, woraufhin der Unfallverursacher mit vier Insassen auf die Seite geschleudert wird.

Gaffer an der Unglücksstelle: Fotos und Videos vom Leid der Unfallopfer

Geistesgegenwärtig läuft ein Zeuge zum Unfallwagen und zieht den Fahrer und ein kleines Kind heraus. Eintreffende Feuerwehrleute müssen eine Tür des Touran abflexen, um auch die übrigen Schwerverletzten zu befreien. Der Golf-Fahrer (63) hat mehr Glück. Er wird leicht verletzt.

Sofort bildet sich eine Traube von rund 30 Schaulustigen. Weil sich Gaffer immer wieder den Wracks und Verletzten nähern, sperrt die Polizei den Unfallort ab. Doch das schreckt einige junge Männer nicht ab. Im Gegenteil. Als zwei der Verletzten am Straßenrand behandelt werden, machen sie immer wieder Fotos und Videos vom Leid der Unfallopfer, behindern so die Rettungskräfte.

„Gaffen“ ist eine Ordnungswidrigkeit

Einige Gaffer machen eine regelrechte Show, lachen und grinsen in die Kamera. Pressefotografen werden als „Lügenpresse“ beschimpft und teilweise bedroht, weil sie dichter an den Ort des Geschehens dürfen. Polizisten müssen die Meute immer wieder zurückdrängen. Fünf Beamte sind nur damit beschäftigt, die Männer aufzufordern, Bilder und Videos auf ihren Handys zu löschen.

Was viele Schaulustige nicht wissen: Gegen sie können nicht nur Bußgelder oder Geldstrafen, sondern sogar Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren verhängt werden. Laut Bußgeldkatalog ist „Gaffen“ eine Ordnungswidrigkeit. Je nach schwere des Vergehens sind 20 bis 1000 Euro Bußgeld möglich.

Polizisten können Handys einziehen 

Behinderung der Einsatzkräfte durch das Fotografieren oder Filmen von Autos und Verletzten ist eine Straftat (Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe). Dabei ist es unerheblich, ob Fotos weitergegeben oder veröffentlicht werden.

Was zählt, ist allein die Anfertigung einer solchen Aufnahme, die laut § 201a des StGB „die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt“. Übrigens: Polizisten können die Handys der Gaffer sofort einziehen. (red)