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Prozess um illegales Rennen Tödlicher Unfall: Angeklagter gibt Versagen zu

War es ein illegales Autorennen oder nicht? Immerhin ist ein Mensch auf der Bundesstraße 65 dabei gestorben. Der Angeklagte bestreitet ein Rennen - und äußert einen Wunsch ans Gericht.

Von Thomas Strünkelnberg, dpa 24.01.2025, 03:30
Wegen eines verbotenen Autorennens mit Todesfolge steht ein 31-Jähriger in Bückeburg vor Gericht. Er sagt aber: „Für mich war es kein Rennen.“ (Symbolbild)
Wegen eines verbotenen Autorennens mit Todesfolge steht ein 31-Jähriger in Bückeburg vor Gericht. Er sagt aber: „Für mich war es kein Rennen.“ (Symbolbild) Julian Stratenschulte/dpa

Bückeburg - Unter Tränen und mit brechender Stimme appelliert der Angeklagte ans Gericht: Man möge ihn „nicht in die Schublade eines testosterongesteuerten Macho-Rasers“ stecken. Er gibt zu, am frühen Morgen des 12. August 2023 auf der Bundesstraße 65 zu schnell gefahren zu sein - und er habe innerorts geschätzt um 100 Kilometer pro Stunde erreicht. Er habe „auf der Straße versagt“ - tatsächlich stirbt in jener Nacht ein 26-Jahre alter Fußgänger, der gerade die Bundesstraße überqueren wollte. 

Dem Angeklagten tut es „unendlich leid“

„Bis heute mache ich mir schwere Vorwürfe“, sagt der 31 Jahre alte Grieche, der zum Prozessauftakt am Landgericht Bückeburg eine entsprechende Erklärung verliest. „Der Unfall tut mir unendlich leid“, entschuldigt er sich bei den Angehörigen des 26-Jährigen, die als Nebenkläger im Gerichtssaal sind. Angeklagt ist er wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge, was eine Strafe von einem bis zu zehn Jahren bedeuten kann. In seiner Erklärung sagt der verheiratete Familienvater aber auch ganz deutlich: „Für mich war es kein Rennen.“

Was ist passiert? Laut Anklage soll der 31-Jährige am 12. August 2023 mit seinem Wagen auf der Bundesstraße 65 von Nienstädt nach Stadthagen im Landkreis Schaumburg unterwegs gewesen sein. An einer roten Ampel hielt er demnach neben dem Wagen eines zweiten Autofahrers. Er soll diesen Mann zu einem Startduell herausgefordert haben, indem er seinen Motor aufheulen ließ. Danach soll er deutlich schneller als erlaubt gefahren sein - mit bis zu Tempo 142. Über eine Strecke von über 600 Metern soll er versucht haben, schneller zu beschleunigen als sein Rivale.

„Ich wollte es verhindern.“

Als der zweite Autofahrer - das erlaubte - Tempo 100 erreicht hatte, ließ er seinen Wagen ausrollen. Der Angeklagte soll ihn überholt und kurz vor einer Blitzanlage, wo nur noch Tempo 50 erlaubt war, eine Vollbremsung hingelegt haben. Danach soll er auf bis zu 142 Kilometer pro Stunde beschleunigt haben - gleichgültig um die Sicherheit anderer. In Stadthagen schließlich kollidierte sein Wagen mit dem Fußgänger. Der 26-Jährige starb.

Der 31-Jährige bestreitet das illegale Rennen, er habe den 48 Jahre alten anderen Autofahrer auch nicht an der Ampel herausgefordert, indem er den Motor aufheulen ließ. Bei seinem knapp 150 PS starken Automatikwagen sei dies in der Fahrstellung nicht möglich, er habe vielmehr auf die Bremse getreten. „Ich wollte ihn einfach nur überholen“, sagt er leise. Den Fußgänger wiederum habe er nicht gesehen - und als er ihn sah, habe er eine Vollbremsung versucht: „Ich wollte es verhindern.“

Urteil möglicherweise am 26. Februar

Gegen den gesondert verfolgten 48-Jährigen erging nach Angaben des Gerichts ein rechtskräftiger Strafbefehl des Amtsgerichts Stadthagen wegen eines verbotenen Autorennens. Der Mann wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Für den Prozess gegen den 31-Jährigen sind bislang vier Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil könnte demnach am 26. Februar fallen.

Eine entscheidende Frage im Prozess dürfte sein: War es ein illegales Autorennen oder nicht? Eine Zeugin, die Beifahrerin des 48-Jährigen, hatte bei der Polizei gesagt, sie habe das Aufheulen des Motors an der Ampel gehört. Vor Gericht ist sie nun nicht mehr sicher, ob sie das Motorgeräusch schon im Stand oder erst beim Anfahren gehört habe. Sie sagt: „Wir sind niemals ein Rennen gefahren.“ 

Unsichere Zeugin

Eine Polizeibeamtin, die die Frau vernommen hat, betont dagegen: Die Zeugin habe ausgesagt, das Spiel mit dem Gaspedal gehört zu haben - ohne bei der Aussage Unsicherheit zu zeigen. Der 48-Jährige selbst wiederum soll gesagt haben, er habe beschleunigt, um Bestätigung zu erhalten. Im Prozess zeigt sich spätestens, wie unsicher die befragte Beifahrerin ist: Schon beim Anblick der Unfallstelle habe sie Angst gehabt, „in irgendwas verwickelt“ zu werden, erinnert sie sich.