"Für Huren und Heilige" "Für Huren und Heilige": Kirche stoppt Kondome mit Luther-Sprüchen
Düsseldorf - „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ - das sind die wohl bekanntesten Worte Martin Luthers. Dabei hat der Reformator sie nie gesagt. Rund 500 Jahre später, im Jahr der großen Reformations-Jubiläumsfeiern, fanden sich die Worte nun auf Kondomverpackungen wieder. Die Idee kam von der evangelischen Jugendkirche in Düsseldorf und anderen Städten. Ein provokanter Werbebeitrag für das Reformationsjubiläum sollte es werden.
„Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ - das sind die Worte, die Luther angeblich am Ende seiner Rede beim Reichstag zu Worms gesagt haben soll - die aber in Wirklichkeit nie gefallen sind, sondern ihm erst später zugeschrieben wurden. Auf Kondomverpackungen lesen sie sich natürlich ganz anders. Auch Worte wie „Für Huren und Heilige“ waren zu lesen. Damit es nicht zu Missverständnissen kommt, hatte die evangelische Jugend auf den Verpackungen eine Homepage angegeben. Die sollte die historische Einordnung der Luther-Sätze liefern. Aber wer macht sich schon die Mühe, vor dem Gebrauch eines Kondoms eine Homepage zu konsultieren?
Aktion löst Empörung bei Evangelischer Kirche aus
Die Aktion der jungen Protestanten löste einen Empörungsturm in der Evangelischen Kirche im Rheinland aus. Auf Anordnung der Kirchenleitung wurde die Kondom-Aktion inzwischen gestoppt. „Sexistisch“ seien die Sprüche, schrieb Landesjugendpfarrerin Simone Enthöfer in einer offiziellen Distanzierung. Die Würde von Männern, Frauen, Mädchen und Jungen werde damit gleichermaßen verletzt. Die Luther-Zitate seien aus ihrem historischen und inhaltlichen Zusammenhang gerissen und vermittelten in dem neuen Kontext ein Frauen- und Männerbild, mit dem die Kirche nichts zu tun haben wolle.
Kondome sollten in Jugendeinrichtungen verteilt werden
Dem Vernehmen nach wurden mehrere Tausend Luther-Kondome produziert und sollten in Jugendeinrichtungen verteilt werden. „Wir halten diese Aktion für grundsätzlich ungeeignet für die Jugendarbeit“, schrieb der für Erziehung und Bildung zuständige Oberkirchenrat Klaus Eberl an die Superintendenten und Jugendreferenten. Die Aktion sei ein „Fehlgriff“. Die auf den Kondomen angegebene Homepage wurde abgeschaltet. Alle Jugendeinrichtungen in den Kirchenkreisen sollten informiert werden. „Am besten werden die Kondome sofort vor Ort vernichtet, damit keine weiteren in Umlauf kommen.“
Gut sieben Monate, bevor am 31. Oktober der 500. Jahrestag des Thesenanschlags zu Wittenberg gefeiert wird, droht die Kondom-Aktion am Image der zweitgrößten evangelischen Landeskirche zu kratzen. Eberl äußerte die Hoffnung, dass durch den umgehenden Stopp Schaden von der rheinischen Kirche insgesamt abgewendet werden könne. Landeskirchen-Sprecher Jens Peter Iven sagt: „Gut gemeint ist nicht zwingend gut gemacht.“ (dpa)