Insel Borkum Frauen geschlagen - Kritik an Nikolaus-Tradition „Klaasohm“
Kurz vor Nikolaus ziehen junge Männer verkleidet durch Borkums Straßen. Ein NDR-Bericht über die Jagd auf Frauen bei diesem Brauch sorgt für Empörung - auch in Niedersachsens Landesregierung.
Borkum - Ein Bericht über den Nikolausbrauch „Klaasohm“ auf der ostfriesischen Insel Borkum, bei dem Frauen geschlagen werden, hat bundesweit Kritik ausgelöst. In dem Beitrag berichten Frauen anonym von aggressiven Übergriffen. Ein Team des ARD-Magazins „Panorama“ filmte im vergangenen Jahr, wie Frauen bei dem Fest auf der Straße von „Fängern“ festgehalten werden. Die sogenannten Klaasohms schlagen ihnen mit einem Kuhhorn auf den Hintern. „Was für eine schreckliche Tradition. Wie tief die Unterdrückung von Frauen noch verankert ist“, kommentierte eine Nutzerin den Beitrag des NDR-Reportageformats „STRG_F“, der auf Youtube veröffentlicht wurde.
Kritik kommt auch aus der niedersächsischen Landesregierung. Die Staatssekretärin im Sozialministerium, Christine Arbogast, sagte auf dpa-Anfrage, Brauchtum und Traditionen hätten grundsätzlich einen hohen Stellenwert. Sie seien zu respektieren und zu schützen. „Aber es ist klar, dass alles da sein Ende findet, wo sich Frauen unsicher fühlen und Angst vor körperlicher Züchtigung haben“, sagte Arbogast. „Wer sich den Hintern mit einem Horn versohlen lassen möchte, darf das tun. Wer das nicht möchte, muss aber auch respektiert werden. An keinem Tag im Jahr darf es so sein, dass Frauen aus Angst vor Hieben zu Hause bleiben und sich nicht auf die Straße trauen.“
Staatssekretärin: Debatte über Brauch „dringend notwendig“
Der traditionelle Brauch findet jedes Jahr am Abend vor dem 6. Dezember, also dem Nikolaustag, statt. Dann verkleiden sich nach Angaben des Regionalverbandes Ostfriesische Landschaft unverheiratete, junge Männer mit Masken, Schafsfellen und Vogelfedern. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit treten sie erst zu einem rituellen Kampf an, bei dem ausschließlich auf Borkum geborene Männer zugelassen sind. „Im Anschluss daran ziehen die Männer unter Getöse von Haus zu Haus über die Insel“, beschreibt der Regionalverband in Ostfriesland den Brauch. „Junge Frauen, die sich in dieser Nacht aus dem Haus wagen, werden gefangen und mit einem Kuhhorn verhauen. Die Kinder aber werden gut behandelt und bekommen Moppen, ein hartes Honigkuchengebäck, geschenkt“, heißt es weiter.
Die Staatssekretärin sagte weiter, das Ausmaß des Problems auf Borkum sei unklar, da über den Brauch offensichtlich nicht gesprochen werden solle oder dürfe. „Dabei wäre eine Debatte darüber, ob "Klaasohm" in dieser Form noch zeitgemäß ist, dringend notwendig“, sagte Arbogast. Bräuche und Traditionen überdauerten die Zeiten am besten, wenn sie mit der Zeit gingen. „Die notwendigen Anstöße und Impulse müssen dabei in erster Linie von den Borkumerinnen und Borkumern selbst ausgehen.“ Der Bürgermeister der Insel kündigte auf Anfrage eine Stellungnahme zu der Diskussion an.