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Religionsfreiheit Mit Gesichtsschleier am Steuer? Ablehnung vom Gericht

Eine Frau will beim Autofahren einen Gesichtsschleier tragen. Sie beruft sich auf ihre Religion. Nennt Möglichkeiten zur Kontrolle ihrer Person. Ein Gericht überzeugt das nicht.

Von dpa 27.01.2025, 03:30
Eine Frau kämpft darum, mit Verschleierung Auto fahren zu dürfen.
Eine Frau kämpft darum, mit Verschleierung Auto fahren zu dürfen. Paul Zinken/dpa

Berlin - Eine Muslimin darf weiterhin nicht mit Gesichtsschleier Auto fahren. Die 33-Jährige hat erfolglos vor dem Verwaltungsgericht Berlin um eine entsprechende Ausnahmegenehmigung gekämpft. Die Richter wiesen die Klage der Frau ab und bestätigten eine Entscheidung der Straßenverkehrsbehörde. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Az.: VG 11 K 61/24)

Die Klägerin berief sich vor Gericht auf ihre religiöse Überzeugung und wollte eine Erlaubnis für das Tragen eines Nikab erreichen, bei dem das Gesicht mit Ausnahme eines Sehschlitzes bedeckt ist. Die Mutter von drei Kindern sieht sich in ihren Grundrechten verletzt. Sie wolle selbst entscheiden, wer etwas von ihr zu sehen bekomme, argumentiert die Deutsche unter anderem. Sie ist nach eigenen Angaben 2016 zum muslimischen Glauben konvertiert und benötigt das Auto unter anderem, um zur Arbeit zu fahren.

Richterin überprüft Identität 

Die Vorsitzende Richterin Heike Grigoleit hatte angeordnet, dass die Klägerin selbst zur mündlichen Verhandlung erschien. Zu Prozessbeginn ging die Richterin mit der 33-Jährigen in einen Nebenraum, um zu überprüfen, ob es sich bei der verschleierten Frau um die Klägerin handelte.

Nach der Straßenverkehrsordnung darf der Lenker eines Kraftfahrzeugs sein Gesicht nicht verhüllen oder verdecken. Er muss erkennbar bleiben. Die Straßenverkehrsbehörde kann jedoch in Ausfällen davon absehen. 

Dafür sehen die Richter im vorliegenden Fall aber keinen Anlass. Wer Auto fahre, müsse erkennbar sein, begründete Grigoleit die Entscheidung. Das Verhüllungsverbot gewährleiste eine effektive Verfolgung von Verstößen im Straßenverkehr, indem es eine Identifizierung von Verkehrsteilnehmern ermögliche, etwa im Rahmen automatisierter Verkehrskontrollen. 

Klägeranwalt: Motorradfahrer auch nicht erkennbar

Da Autofahrer damit rechnen müssten, bei Verstößen zur Rechenschaft gezogen zu werden, diene das Verbot dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit, hieß es. Der Eingriff in die Religionsfreiheit der Klägerin wiege in der Abwägung weniger schwer, so das Gericht. 

Die Klägerin und ihr Anwalt führten eine Reihe von Argumenten für eine Ausnahmegenehmigung an. So reicht aus ihrer Sicht zur Identifizierung die Augenpartie der Autofahrerin aus. Die Klägerin sei auch bereit, ein Fahrtenbuch zu führen. Zudem bestehe die Möglichkeit, an dem Nikab einen QR-Code anzubringen. 

Vor allem aber verwies Klägeranwalt Benjamin Kirschbaum darauf, dass für Motorradfahrer eine Helmpflicht bestehe - dadurch aber auch das Gesicht verdeckt sei. „Aus unserer Sicht macht das keinen Sinn“, so der Anwalt. 

Berlin erteilt keine Ausnahmegenehmigung

Die Argumente überzeugten das Gericht nicht. Kirschbaum kündigte an, Rechtsmittel gegen das Urteil zu prüfen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg als nächste Instanz muss allerdings eine Berufung erst zulassen. 

Die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts reiht sich ein in die bisherige Entscheidungspraxis. Nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung ist in Berlin bislang keine Ausnahmegenehmigung erteilt worden. Nach Kenntnis der Verwaltung ist dies auch in anderen Bundesländern bislang nicht der Fall. 

Gesichtsschleier bundesweit mehrfach Thema 

Mehrere Gerichte in Deutschland haben sich bereits mit der Thematik beschäftigt. In Rheinland-Pfalz hatte das Oberverwaltungsgericht in Koblenz im August 2024 entschieden, dass der Antrag einer Muslimin auf Befreiung vom Verhüllungsverbot beim Autofahren zu Recht abgelehnt worden ist. 

Laut Klägeranwalt und des Vereins Föderalen Islamische Union gab es jedoch einen Fall in Schleswig-Holstein, wo für die Dauer von drei Jahren eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde. Die Religionsgemeinschaft hat das Verfahren nach eigenen Angaben begleitet und finanziert. Sie unterstütze bundesweit mehr als ein Dutzend weiterer Verfahren, erklärte ein Sprecher.