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Frankreich Frankreich: Messe für Prinzenherz von Ludwig XVII.

08.06.2004, 12:23
Herz von Ludwig XVII. beigesetzt (Foto: dpa)
Herz von Ludwig XVII. beigesetzt (Foto: dpa) SIPA

Paris/dpa. - Auf den Tag genau 209 Jahre nach seinem Tod ist dasHerz des Sohnes von König Ludwig XVI. und Königin Marie-Antoinettestandesgemäß in der Basilika von Saint-Denis beigesetzt worden. Zuder würdevollen Zeremonie in der königlichen Basilika nördlich vonParis waren am Dienstag 2500 hohe Gäste, Königstreue und Mitgliederaus europäischen Adelshäusern angereist. Etwa 1000 Schaulustigeverfolgten die Messe für Ludwig den XVII., 1795 im zarten Alter vonzehn Jahren gestorben, auf mehreren Großleinwänden vor der Basilika.

Das eingetrocknete Herz des ungekrönten Bourbonen war nach einerlangen Odyssee in einer mit Alkohol gefüllten Kristallurne in einerangrenzenden Kapelle aufbewahrt worden. Jetzt fand es, hart wie einStein, die letzte Ruhe unter den Bourbonen in der königlichen Kryptavon Saint-Denis. Am Vormittag war in der Basilika unter Anwesenheitdes päpstlichen Nuntius eine Messe für den Jungen gelesen worden. MitRufen wie «Es lebe der König!» feierten die Königstreuen danach Louisde Bourbon, den Ältesten in der direktesten Nachfolge der Bourbonen.

Erst vor vier Jahren hatten deutsche und belgische Forscher mitGentests nachgewiesen, dass das Herz tatsächlich dem 1785 geborenenKönigssohn namens Louis Charles gehörte. Der Junge war am 8. Juni1795 in Gefangenschaft an Tuberkulose gestorben. Seine Eltern warenzwei Jahre zuvor von Revolutionären enthauptet worden. In der Messeging der Honorar-Erzbischof von Tours, Jean Honoré, vor allem auf dasMartyrium des seinen Kerkermeistern ausgelieferten Jungen ein.

Jahrhunderte lang kursierten Gerüchte um den Bourbonen-Sohn, deraus dem Gefängnis geschmuggelt worden sein soll. Erst durch Gentestskonnten alle Lügen ausgeräumt werden. Ein Vergleich mit Haarsträhnenvon Schwestern Marie-Antoinettes brachten eindeutige Klärung.

Ein Arzt und Anhänger des Königshauses hatte das Herz nach einerAutopsie heimlich entwendet. Nach Umwegen über Österreich und Italienlandete es 1975 in der Kapelle von Saint-Denis. Die feierlicheBestattungszeremonie setzt einen Schlussstrich unter das Rätsel umden Tod des Bourbonen, der als Ludwig XVII. hätte regieren können.

In der Basilika fanden die gekrönten Häupter Frankreichs seit demHochmittelalter ihre letzte Ruhe. Die Eltern des Dauphins sind abernicht unter den dort bestatteten Ahnen. Der 1793 hingerichtete KönigLudwig XVI. und Königin Marie-Antoinette wurden - wie in denrevolutionären Zeiten üblich - in einem Massengrab verscharrt.