Missstände Fraktionen ringen um Deutungshoheit nach Wiedervereinigung
Wie steht es um Deutschland 33 Jahre nach der Einheit? Die Fraktionsvorsitzenden im Landtag von Sachsen-Anhalt haben dazu eine emotionale Debatte geführt.
Magdeburg - 33 Jahre nach der Einheit hat die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt erneut auf bestehende Unterschiede in Deutschland hingewiesen. Während Fraktionschefin Eva von Angern mehrere Missstände anprangerte, musste die Linke für ihre Darstellung ihrerseits reichlich Kritik der schwarz-rot-gelben Koalition einstecken.
Beim Nettovermögen lägen Ostdeutsche im Schnitt weiter deutlich hinter Westdeutschen, sagte von Angern am Freitag bei der Aktuellen Debatte im Parlament. Zudem werde im Westen weiterhin mehr verdient und weniger gearbeitet. „Die Lohnlücke Ost bedeutet die Rentenlücke Ost“, sagte von Angern. „Wir werden an dem Thema Ostdeutschland dranbleiben.“ Man werde so lange kämpfen, bis es keine Abweichungen mehr gebe.
SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle warf der Linken vor, Erfolge kleinzureden. Pähle verwies auf die jüngsten Unternehmensansiedlungen in Magdeburg, Bernburg und Dresden und darauf, dass die unteren Einkommensgruppen beispielsweise mit der Erhöhung des Mindestlohns und des Wohngelds unterstützt würden. Gleichwohl müsse der Mindestlohn weiter steigen, sagte Pähle.
Auch FDP-Fraktionschef Andreas Silbersack kritisierte die Linke. Es sei keine Dankbarkeit spürbar, sagte er. „Das ist einfach respektlos vor dem Erreichten.“ Es sei nach der Wiedervereinigung nicht alles richtig gelaufen, aber man könne optimistisch in die Zukunft blicken.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Guido Heuer sagte, die Linke stelle Ostdeutschland als Billiglohnsektor dar. Dabei sei das Bruttoinlandsprodukt kontinuierlich gestiegen und die Infrastruktur grundlegend saniert worden. „Wir können stolz sein auf die letzten 33 Jahre“, sagte Heuer.
Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann sagte, eine echte Wiedervereinigung auf Augenhöhe, wo jeder Partner das Beste einbringt, habe nicht stattgefunden. Beispielsweise seien in der DDR die gemeinsame Beschulung aller Schüler bis zur 10. Klasse oder Polikliniken sinnvoll gewesen. Hier hätte sich ein Blick nach Ostdeutschland gelohnt, so Lüddemann.
Ulrich Siegmund (AfD) nutzte die Debatte, um grundsätzliche Kritik an der Migrationspolitik zu äußern. Ost und West seien heute als „Beuteländer“ in einer ähnlichen Situation, sagte der Co-Fraktionschef. Sie würden ausgenommen, da Hunderte Millionen Euro für „illegale Einwanderer“ ausgegeben würden. Er sprach davon, dass Politiker moralisch verwahrlost und korrupt seien.
Siegmunds Aussagen sorgten für viele Zwischenrufe. Die AfD-Fraktion skandierte zudem mehrfach „Ostdeutschland“ und wurde daraufhin von Landtagsvizepräsidentin Anne-Marie Keding (CDU) zurechtgewiesen. Der Abgeordnete Andreas Schmidt (SPD) bezeichnete die Rede Siegmunds als Schande.