Absturz-Drama Flugzeugabsturz in Medellin: Fußballteam in Chapecó beigesetzt - LaMia 933 hatte kein Kerosin mehr

Medellin/Chapecó - Bei einer der schlimmsten Tragödien im südamerikanischen Fußball ist ein Großteil der Mannschaft und der Betreuer des brasilianischen Profiklubs AF Chapecoense beim Absturz eines Flugzeugs ums Leben gekommen.
Warum gibt es schwere Vorwürfe gegen die Unglücks-Airline „LaMia“?
Inzwischen wird immer deutlicher, dass das Unglück vermutlich hätte vermieden werden können, wenn die Crew, wie eigentlich vorgeschrieben, zum Auftanken einen Zwischenstopp eingelegt hätte. Warum sie das nicht tat, wird noch untersucht. Die bolivianische Regierung entzog LaMia mit sofortiger Wirkung die Lizenz.
Der Maschine ging kurz vor der Landung der Treibstoff aus. Es wird spekuliert, ob der Miteigentümer, der als Pilot mit an Bord war, aus Spargründen auf einen Tankstopp verzichtet haben könnte.
Fraglich ist auch, warum der Pilot in seiner ersten Meldung an den Tower nicht klarer auf den Notstand hingewiesen hat. So erkannte die Fluglotsin die Schwere der Situation zu spät und gab erst einem anderen Flugzeug eine Notlandegenehmigung. Denn auch dieser Flieger der Linie Viva Colombia hatte Treibstoffprobleme gemeldet.
Warum ist die LaMia 933 über Kolumbien abgestürzt?
Nachdem am Dienstagabend Flugdatenschreiber und Stimmenrekorder gefunden wurden, wurde am Donnerstag ein Mitschnitt des Funkverkehrs zwischen Piloten und dem Tower bekannt. Demnach bestätigt sich der Verdacht, dass das Flugzeug wegen Treibstoffmangels abgestürzt ist, teilte die kolumbianische Luftfahrtbehörde auf Basis vorläufiger Untersuchungen am Unglücksort mit.
„Wir haben Ermittlungen eingeleitet, um herauszufinden, warum es nicht genug Treibstoff gab“, sagte der für Luftsicherheit zuständige Sekretär Freddy Bonilla nach Angaben der Zeitung „El Tiempo“.
In den ersten Minuten des Funkverkehrs scheint noch alles normal, ein anderes Flugzeug erhält vom Tower die bevorzugte Landeerlaubnis. Das hat aber 71 Menschen möglicherweise das Leben gekostet. Denn der Flieger muss in eine Warteschleife. Hier können Sie den spanischen Funkverkehr nachhören.
Wenige Minuten später klingt das schon anders: „Wir brauchen Priorität bei der Landung, uns wird ein Treibstoffproblem angezeigt“, sagt der Pilot zu der Frau im Tower. Immer wieder sind auch andere Piloten zu hören. Die Meldungen des Piloten werden dringlicher, fast verzweifelt. Das Flugzeug verliert an Höhe, hat am Berg „El Gordo“ („Der Dicke“) nur noch knapp 2.800 Meter Höhe, obwohl hier in mindestens 3.000 Metern Höhe geflogen werden müsste.
Nach dem Notruf mit den Worten „Totalausfall der Elektronik, ohne Treibstoff“, gibt es ein kurzes Schweigen, dann gibt die Frau im Tower sofort grünes Licht zum Landen: „Freie Piste, Regen auf der Oberfläche LaMia 933, Feuerwehr alarmiert.“
Was ist im Charterflugzeug der Fluggesellschaft Lamia passiert?
Am Montag ist in der Nähe der kolumbianischen Stadt Medellin ein Charterflugzeug der bolivianischen Fluggesellschaft Lamia abgestürzt. Das Flugzeug war bei dem Berg El Gordo in der Nähe der Ortschaft La Union vom Radar verschwunden.
Der Flughafen von Medellin hatte bekanntgegeben, dass die Maschine gegen 22 Uhr wegen eines elektronischen Fehlers einen Notfall meldete. Die Absturzstelle konnte aufgrund des schlechten Wetters zunächst nur über Land erreicht werden.
Wer war an Bord des über Kolumbien abgestürzten Flugzeugs?
Unter den offiziell 77 Menschen an Bord, befand sich das brasilianische Fußballteam AF Chapecoense, das auf dem Weg zum Finale der Copa Sudamericana war. Im Flugzeug waren auch rund 20 Journalisten, die über das Final-Hinspiel berichten wollten. Das Spiel wurde nach dem Flugzeugunglück abgesagt. Ursprünglich wurden 81 Menschen an Bord der Maschine gemeldet.
Gibt es Überlebende und wie ist deren Gesundheitszustand?
Nach dem Unglück wurden zunächst sechs Überlebende geborgen und in ein Krankenhaus gebracht. Torhüter Danilo erlag wenig später seinen schweren Verletzungen.
Reservetorhüter Jackson Follmann droht nach der Amputation des rechten Beines auch der Verlust des linken Beines. Der Zustand seiner Teamkollegen Neto (Helio Hermito Zampier) und Alan Ruschel ist weiterhin kritisch. Neto erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma sowie mehrere offene Brüche. Ruschel wurde an der Wirbelsäule operiert. Die Ärzte können noch keine Entwarnung geben.
Der gerettete Journalist Rafael Henzel erlitt mehrere Rippenbrüche, seine Lunge wurde durchbohrt. Er steht weiter unter ärztlicher Beobachtung. Zwei Crew-Mitglieder wurden beim Absturz nur leicht verletzt. Eine Stewardess und ein Flugzeugtechniker konnten bereits erste Interviews geben.
Was passiert mit den 71 Todesopfern des Fluges LaMia 933?
Alle 71 Leichen sind inzwischen geborgen worden. Die kolumbianischen Behörden haben die Zahl der Todesopfer von 75 auf 71 korrigiert. Die Katastrophenschutzbehörde teilte mit, dass nicht 81, sondern nur 77 Passagiere an Bord gewesen seien. Vier Personen, darunter der Bürgermeister der Stadt Chapecó, hätten die Reise nicht wie geplant angetreten.
Unter den geborgenen Toten, sind 19 Spieler des Erstligisten Chapecoense, ein Großteil der Betreuer sowie 20 mitreisende Journalisten. Sie wurden am Donnerstag nach Brasilien überführt, wo in Chapecó in der Arena Condá eine zentrale Trauerfeier geplant war. Der brasilianische Staatspräsident Michel Temer hat eine dreitägige Staatstrauer angeordnet.
Mit einer bewegenden Trauerfeier hat die brasilianische Stadt Chapecó am Sonntag Abschied genommen von den bei einem Flugzeugabsturz in Kolumbien getöteten Spielern und Betreuern des Teams Chapecoense. Zwei Transportflugzeuge der Luftwaffe waren am Samstag mit insgesamt 50 Särgen auf dem Flughafen gelandet, auf offenen Lastwagen wurden sie zur Arena gebracht, wo rund 20.000 Menschen Abschied nahmen. Es regnete in Strömen, die Menschen schützten sich mit Plastikfolien.
Waren Spieler des AF Chapecoense in Deutschland aktiv?
Unter den Opfern ist auch der 21-jährige Matheus Biteco. Der junge Brasilianer trainierte von Januar bis Juni 2016 in Hoffenheim. Biteco, dessen Bruder Guilherme von 2013 bis 2016 in Hoffenheim unter Vertrag stand, absolvierte bei der U23 der TSG Hoffenheim ein Aufbautraining. Er wechselte anschließend zurück nach Brasilien, wo er von Chapecoense ausgeliehen wurde.
Die TSG Hoffenheim trauert mit Guilherme Biteco um den Verlust seines Bruders.
Der Deutsch-Brasilianer Paulo Rink war einer der bekanntesten Spieler des Vereins. Rink spielte von 1997 bis 2002 auch für Bayer Leverkusen in der Bundesliga und kam sogar in der deutschen Nationalmannschaft zu einigen Einsätzen. Auf Twitter drückte er sein Mitgefühl für die Familien der verunglückten Spieler aus.
Was weiß man über den Verein AF Chapecoense?
Associação Chapecoense de Futebol ist ein Fußballverein aus der Stadt Chapeco im Süden Brasiliens, die etwa 180.000 Einwohner zählt. Der Verein spielt in der ersten brasilianischen Liga, der Serie A. Gegründet wurde der Klub erst 1973 nach einer Fusion zweier anderer örtlicher Vereine. Die Mannschaft war auf dem Weg zum Final-Hinspiel der Copa Sudamericana. Der Einzug in das Finale war der bisher größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Der Fußballverein Chapecoense trauert in den sozialen Netzwerken um seine toten Mannschaftsmitglieder.
Wie geht es mit AF Chapecoense weiter?
Vom Verein sind neben den drei verletzt geborgenen Fußballern nur noch neun aktive Spieler übrig. Der argentinische Stürmer Alejandro Martinuccio konnte wegen einer Verletzung die Reise nach Kolumbien nicht antreten. Weitere acht aktive Spieler überlebten, weil sie gesperrt oder nicht für das Finalspiel berufen worden waren. Martinuccio und seine Mannschaftskollegen zeigten sich zutiefst erschüttert.
Führende brasilianische Erstligateams wollen wegen des Unglücks Sonderrechte für den Club durchsetzen. Traditionsclubs wie Corinthians, Meister Palmeiras und der frühere Pelé-Club Santos starteten eine Initiative, die das kostenlose Leihen von Spielern in der Saison 2017 vorsieht. Zudem soll der Club drei Jahre lang nicht absteigen können.
Was ist die Copa Sudamericana?
Die Copa Sudamericana ist der zweitwichtigste Wettbewerb im südamerikanischen Vereinsfußball, vergleichbar mit der Europa League der UEFA. Das erste Finalspiel zwischen AF Chapecoense sollte am 1. Dezember gegen kolumbisnischen Verein Atlético Medellín stattfinden.
Wie geht es nach dem abgesagten Finale der Copa Sudamericana weiter?
Der südamerikanische Fußballverband Conmebol hat das Finale des Vereinswettbewerbs Copa Sudamericana nach dem Unglück abgesagt. „Es ist ein trauriger Tag für den Fußball“, sagte der Präsident des kolumbianischen Vereins Atlético, Juan Carlos de la Cuesta. Das Rückspiel der Finalrunde sollte am 6. Dezembder in ausgetragen werden.
Gab es bereits ähnliche Tragödien?
Es ist nicht der erste schwere Flugzeugunglück, das Sportler eines Profi-Vereins trifft.
Am 6. Februar 1958 war ein Flugzeug mit der Mannschaft von Manchester United in München beim dritten Startversuch von der Landebahn abgekommen und explodiert. Von den 44 an Bord befindlichen Personen, darunter auch Fans und Sportjournalisten, kamen 23 ums Leben.
Am 13. Oktober 1972 stürzte in den chilenischen Anden die Maschine des Fluges Fuerza-Aérea-Uruguaya-Flug 571 von Montevideo nach Santiago de Chile ab. An Bord befand sich das Rugby-Union-Team Old Christian’s Club, das auf dem Weg zu einem Freundschaftsspiel war. Nach 72 Tagen in eisigen 4000 Metern Höhe konnten noch 16 von 45 Insassen gerettet werden.
Die Ereignisse wurden bekannt als das „Wunder der Anden“. Das Doku-Drama Überleben! von Frank Marshall ist die bekannteste filmische Aufarbeitung der Geschehnisse.
Am 7. September 2011 verunglückte ein Charterflug mit nahezu der gesamten Mannschaft des russischen Eishockeyklubs Lokomotiwe Jaroslawl. Darunter befand sich auch der deutsche Nationalspieler Robert Dietrich.




