Fernsehen Fernsehen: «Gülcan ist nicht da»

Grainbach/ddp. - «Nein, die ist nicht da», sagte Mutter Roswitha rechtbestimmt und legte auf. Der Anrufer wollte Gülcan Kamps sprechen.«Geht's jetzt schon los?», staunte Roswitha. Gemeinsam mit ihrem MannKonrad und den beiden Söhnen Markus (12) und Thomas (10) hatte sichdie Landwirtin am Dienstagabend in der Stube ihres Hofs immalerischen Grainbach bei Rosenheim versammelt, um die erste Folgeder neuen ProSieben-Dokusoap «Gülcan und Collien ziehen aufs Land» zusehen.
Normalerweise schauten sie kaum fern, hob Vater Konrad hervor. Mitdem Auftakt ihrer eigenen Serie aber ist die Familie zufrieden. DreiWochen lang hatten die beiden Viva-Moderatorinnen Gülcan Kamps undCollien Fernandes auf dem Hof der Estermanns mit 18 Milchkühen, 40Rindern, 20 Hühnern und rund 15 Feriengästen verbracht und begleitetvon Kameras eine Art Praktikum absolviert. Stall ausmisten, bei derHausarbeit helfen und Eier einsammeln zählte in Folge eins zu ihrenAufgaben.
Beim Anblick der Fernsehfassung brachen die Estermanns amDienstagabend im Minutentakt in schallendes Gelächter aus - vieleskannten sie selbst nicht. «Schau hin!», riefen sie, als Gülcan aufHigh Heels aus dem Hubschrauber kletterte und durchs Gras stöckelte,oder die Großeltern zum ersten Mal ins Bild kamen.
«Richtig erleichtert» sei er über das Resultat, sagte Konrad, derwegen seines Dialekts in der Soap untertitelt ist, in einerWerbepause. Man habe ja nicht gewusst, was da auf einen zukomme. »Gutwar's und lustig«, freute sich der 44-Jährige im ddp-Gespräch.
Sehr unterschiedlich fielen die Meinungen allerdings im Dorfdarüber aus, dass die Show hier gedreht wurde. «G'stört haben's ned»,betonte ein Mann, der zu den eher Gelassenen zählt. Genau wie dieEstermanns hatten die wenigsten der 700-Einwohner-Gemeinde die beidenjungen Damen zuvor gekannt, die sich selbst «Glamour-Girls» nennenund diesen Status unter anderem mit 14 Luxus-Reisetaschen, übergroßenSonnenbrillen und Leoparden-Kleidchen zu untermauern suchen.
Deutlicher fiel die Kritik eines anderen Einheimischen aus:«Abartig» finde er, dass diese Serie bei ihnen entstanden sei. «Daspasst nicht zusammen, diese zwei Hippie-Girls und wir hier auf demLand», schimpfte er. »G'spinnert sans halt«, zog ein weitererEinheimischer Bilanz.
Es gibt aber auch die Fans - vor allem bei der Dorfjugend: Gülcanund Collien könnten jederzeit wieder kommen, hob ein Freund vonMarkus hervor und erzählte dann kichernd die Geschichte, wie Gülcaneinmal bei einer Traktorfahrt eine Kamera ruiniert habe. «5000 EuroSchaden, aber der schad's eh ned, die hat ja einen Millionärgeheiratet», betonte er vor der oberbayerischen Bergkulisse.
Aus 50 besichtigten Bauernhöfen hatte die Produktionsfirma den derEstermanns ausgewählt. Man sei auf sie zugekommen und habe sichschließlich einigen können. »Für uns war immer die Voraussetzung: Esgibt keine Verarschung von irgendwelchen bäuerlichen Arbeiten«,betonte Roswitha.
Bis kurz vor Start der Dreharbeiten wussten die Estermanns selbstnicht, welche zwei Prominente ein Praktikum bei ihnen machen würden.Die Spekulationen der Familienmitglieder hätten von Franz Beckenbauerüber Heidi Klum bis hin zu den Traum-Praktikanten von Sohn Thomasgereicht: «Der Bushido und der Sido».
Mit Gülcan und Collien seien sie dann aber zufrieden gewesen. «Wirhaben sehr viel Spaß gehabt in den drei Wochen», sagte Bauer Konrad.Gut - «manchmal haben's schon auch genervt mit der Filmerei, immeralles doppelt und dreifach», fügte Thomas hinzu. Und wirklichgeeignet seien die beiden fürs Landleben natürlich auch nicht. «Diehaben sich für unsere Kühe geschminkt», schmunzelte Roswitha.
Am Dienstagabend amüsierte sich die Familie köstlich über GülcansKommentare wie «Warum haben die Hühner so VIP-Bändchen» oder «Iieh,die (Kuh) hat mich angespuckt!» Nicht ganz glücklich war Roswithaüber ihr Image in der ersten Folge: Sie hoffe nicht, dass sie jetztnur als «die Strenge» dastehe. Markus war es ein wenig unangenehm,dass sein bayerisch-derber Ausdruck für Pickelgesicht («Pickelfotzn»)im Schnitt nicht weggefallen war.
Nach der Fernsehpremiere war für die Estermanns sofortSchlafenszeit angesagt. Das Telefon wurde vorsorglich ausgestöpselt -wer wisse schon, wie viele es noch versuchen, sagte Vater Konrad.