Fernseh-Dokumentation Fernseh-Dokumentation: Berliner Familie lebte wie vor 100 Jahren

Hamburg/dpa. - Eine Berliner Familie, die am Montagabend bei der ARD ihre Zeitreise in die Welt der Schwarzwaldbauern beendete, ist zu TV-Stars geworden. Die vierteilige ARD-Dokumentation über die Boros, die zehn Wochen auf einem abgelegenen Hof im Münstertal wie vor 100 Jahren lebten, hat sensationelle Einschaltquoten erzielt. Die fünfköpfige Familie kann sich derzeit nach Angaben des Südwestrundfunks (SWR) vor Anfragen von Medien nach Auftritten in Talkshows kaum retten. Beim SWR ging zugleich eine Welle von E-Mails, Briefen und Anrufen von Zuschauern ein.
Mit einem Schnitt von 5,78 Millionen und rund 20 Prozent Marktanteil hat das «Schwarzwaldhaus 1902» bewiesen, dass lebendig umgesetzte Zeitgeschichte als Reality-TV auch ohne Voyeurismus ein Massenpublikum erreichen kann. Die letzte Folge, in der Familie Boro mit ihren drei Kindern zwischen 11 und 18 Jahren aus dem eiskalten Winter im Schwarzwald in den Luxus ihres Reihenhäuschen zurückkehrte, sahen am Montagabend ab 21.45 Uhr 6,03 Millionen Menschen (Marktanteil: 21,5 Prozent). Anschließend war die deutsch-türkische Familie zu Gast bei Reinhold Beckmann: Zu fast mitternächtlicher Stunde waren noch im Schnitt 3,71 Millionen Zuschauer (Marktanteil 25,6 Prozent) dabei, als Mutter Marianne Boro belustigt berichtete, dass sie derzeit auch beim Einkaufen im Berliner Supermarkt erkannt wird.
«Den Zuschauern hat die sympathische natürliche Art der Familie gefallen», sagte SWR-Sprecherin Gabi Schlattmann zum Echo auf die Sendung. «Die Menschen konnten sich mit den Boros sehr gut identifizieren, zum Beispiel bei ihren Problemen im Umgang mit den Tieren.» Die Familie hatte in der letzten Folge per Abstimmung entschieden, persönlich drei Hühner zu schlachten. Ihr Schwein Barney und die Kuh Franka mussten sie verkaufen, weil die Heuernte misslang.
Den großen Erfolg der Doku-Reihe erklärt sich der SWR auch damit, dass der «Nerv der Zeit» getroffen wurde. Angesichts der Diskussion über den Umbau der Sozialsysteme habe die Sendung im Vergleich zum Leben vor 100 Jahren kritisch unsere Anspruchsmentalität hinterfragt, meinte Schlattmann. Vorbild für die in Deutschland neuartige Dokumentation war die aus den USA und Großbritannien stammende «Living History»: Das Format hat sich in den angelsächsischen Ländern als sehr populär erwiesen.
Eine Fortsetzung der Schwarzwald-Dokuserie, wie es sich viele Zuschauer wünschten, wird es jedoch nicht geben. «Die Reihe ist abgeschlossen», sagte Schlattmann. Allerdings wird die ARD an Weihnachten den Vierteiler zu einer familienfreundlicheren Zeit wiederholen. Die ersten beiden Folgen sind im Nachmittagsprogramm nacheinander am 24. Dezember ab 14.30 Uhr zu sehen, Folge drei und vier werden am 25. Dezember um 13.35 Uhr und am 26. Dezember um 13.45 Uhr ausgestrahlt.
Der SWR plant unterdessen ein Nachfolgeprojekt für das «Schwarzwaldhaus 1902» das «Von null auf 42» heißt: Sechs nur leidlich sportliche Menschen werden bei ihren Vorbereitungen für den New York Marathon ein Jahr lang begleitet. In der ARD soll der Zweiteiler nach SWR-Angaben Ende 2003 oder 2004 zu sehen sein.