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Regierungsbildung Erstes Bündnis von SPD und BSW in Deutschland steht bevor

Die neue Landesregierung in Brandenburg steht bereit. Erstmals soll ein Bundesland von SPD und BSW regiert werden. Zuvor kann die Ministerpräsidenten-Wahl am Mittwoch eine knappe Sache werden.

Von dpa 08.12.2024, 15:57
Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke hält den Koalitionsvertrag mit dem BSW für gut, aber bezeichnet die Verhandlungen als hart.
Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke hält den Koalitionsvertrag mit dem BSW für gut, aber bezeichnet die Verhandlungen als hart. Michael Bahlo/dpa

Potsdam - Erstmals in Deutschland soll in der kommenden Woche eine Landesregierung mit dem Newcomer BSW an den Start gehen. In Brandenburg will die SPD für die nächsten fünf Jahre mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) regieren, das sich in diesem Jahr gegründet hatte. „Wir sind bereit, dass die Arbeit auf Grundlage des Koalitionsvertrages jetzt richtig losgeht“, teilte der BSW-Landeschef und künftige Finanzminister Robert Crumbach mit. 

Am Mittwoch steht im Landtag in Potsdam zunächst die Wiederwahl des brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) an. Dann ernennt er die Ministerinnen und Minister. 

Möglich ist, dass Woidke im ersten Wahlgang nicht alle 46 Stimmen der Abgeordneten der beiden Koalitionsfraktionen bekommt. Nötig sind 45 Stimmen. Die Abstimmung im Landesparlament mit 88 Sitzen erfolgt jedoch geheim. Die AfD hat 30 Abgeordnete, die CDU 12. 

Wackelkandidat bei Abstimmung 

Einen Wackelkandidaten gibt es bereits: den Abgeordneten Sven Hornauf aus der BSW-Fraktion. Er hatte erklärt, wegen Kritik an einer Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 am Fliegerhorst Holzdorf bei der Wahl des Ministerpräsidenten nicht für Woidke zu stimmen. Der Sozialdemokrat regiert seit elf Jahren in Brandenburg.

In Berlin brauchte Kai Wegner (CDU) im Abgeordnetenhaus im vergangenen Jahr drei Wahlgänge, ehe er die nötige Mehrheit als neuer Regierender Bürgermeister der Hauptstadt bekam. In dritten Wahlgang sind die Hürden niedriger: Es ist gewählt, wer die meisten Stimmen erhält.

Kabinettsliste ist fertig

In Brandenburg bereiten sich die neuen Ministerinnen und Minister auf die Amtsübernahme vor. SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller wird neuer Wirtschaftsminister, Finanzministerin Katrin Lange leitet künftig das Innenressort. Justizminister wird der bisherige Staatskanzlei-Staatssekretär Benjamin Grimm (alle SPD). 

Steffen Freiberg führt das Bildungsressort weiter, Manja Schüle das Wissenschaftsministerium, und Kathrin Schneider (alle SPD) bleibt Staatskanzleichefin.

Auch Kritik an Besetzung des Agrarministeriums 

Neue Agrarministerin wird Hanka Mittelstädt, die einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb führt. Sie legte ihr Amt als Vorstandsvorsitzende des Agrarmarketingverbandes Pro Agro nieder. 

Der Landesbauernverband befürwortet die Besetzung des Ministeriums: „Mit Hanka Mittelstädt wird eine Ministerin mit "Stallgeruch" das Landwirtschaftsministerium führen. Das haben wir als Berufsstand immer so gefordert“, sagte Bauernpräsident Henrik Wendorff. 

Das Klimabündnis Brandenburg kritisierte, die Besetzung des Ministeriums zeige eine „enge Verflechtung mit agrarindustriellen Interessen.“ Auch die Grünen sprachen von einem fatalen Signal für den ökologischen Wandel. Sie kritisierten die Zusammensetzung der künftigen Regierung insgesamt und befürchten, dass es Rückschritte beim Klimaschutz geben wird.

BSW stellt eine Ministerin und zwei Minister

Für das BSW wird Landes- und Fraktionschef Robert Crumbach Finanzminister, Templins Bürgermeister Detlef Tabbert Infrastrukturminister, und die Ex-SPD-Landtagsabgeordnete Britta Müller übernimmt das Gesundheitsressort. Tabbert kündigte an, er wolle mehr Flächen für den sozialen Wohnungsbau in Kommunen ermöglichen und Entscheidungen beschleunigen. 

BSW-Landeschef Crumbach bezeichnete seine Partei in einer Mitteilung als „Erneuerungsbewegung für die Demokratie“. Das BSW vereine Politiker unterschiedlicher Herkunft. „Das ist unsere Stärke. Sie alle haben gemeinsam, dass sie etwas Neues schaffen wollen. Weniger Polit-Sprech, klare Friedenspositionen und nah dran sein an den Problemen der Bürger.“

Parteitage machten Weg für Koalition frei

Am Freitag machten beide Parteien in großer Geschlossenheit den Weg für das Bündnis frei. Bei Parteitagen sprachen sich BSW und SPD für den Koalitionsvertrag aus. In Thüringen streben SPD, CDU und BSW eine Koalition an. In Sachsen scheiterten Sondierungsgespräche mit dem BSW, dort ist eine Minderheitsregierung aus CDU und SPD auf dem Weg.