Erpressung Erpressung: Linda de Mol meidet die Öffentlichkeit

Brüssel - Linda de Mol ist sehr offen. „Ich lasse mir einmal im Jahr Botox spritzen in die Falten auf der Stirn und um die Augen. Ich gefalle mir so prima“, erklärte sie einmal und merkte bei anderer Gelegenheit an: „Es gibt Tausende von Schönheitskliniken und Hunderttausende von Frauen, die da hingehen. Alle erzählen hinterher, dass sie drei Liter Wasser trinken und nur Karotten essen und deshalb so gut aussehen – so ’n Quatsch.“
Karotten und Wasser helfen also nicht. Zumindest gegen Orangenfältchen. Aber zuletzt gab sich Linda de Mol weniger zugänglich. Der Verleihung eines TV-Preises blieb die Moderatorin jetzt im Oktober fern. De Mol, 50, zog den Urlaub mit ihrem Sohn Julian, 17 und Tochter Noa, 14, im Ausland vor. Die neue Zurückgezogenheit hat Gründe: Die Entertainerin und ihr Bruder, der TV-Unternehmer John de Mol werden von Unbekannten erpresst.
Ein Phantombild im TV
Die de Mols schweigen zu dem Vorgang. Ebenso die Polizei. Nur einmal durchbrachen sie die Ruhe: Ende vergangenen Monats machte die niederländische TV-Sendung „Opsporing verzocht“, das Pendant zur deutschen Fahndungsserie „xy ungelöst“, den Fall öffentlich. Ein Phantombild wurde im Fernsehen gezeigt: ein Mann, zirka 70 Jahre alt, kurzes graues Haar und Blumenhemd, darunter T-Shirt. Der Mann hatte bereits im September vergangenen Jahres in einer Bäckerei in nordholländischen Örtchen Blaricum ein kleines Set an Törtchen bestellt und an Linda de Mol ausliefern lassen. Obenauf lag ein Erpresserbrief und die Drohung, De Mol oder ihren Kindern etwas anzutun. Seither gibt es Drohbriefe, Erpressung und Sahnehäubchen also.
Linda de Mol ist die Tochter eines holländischen Schlagersängers. Nach frühen Kurzauftritten im holländischen Kinderfernsehen startete sie als Teenager beim britischen Sender Sky durch. In Deutschland wurde sie in den 90er-Jahren durch die Sendung „Traumhochzeit“ bekannt. Das Format hatte ihr Bruder John de Mol entworfen. Er entwickelte neben „Traumhochzeit“ auch Formate wie „Big Brother“ und „The Voice“, Shows, die sich weltweit durchsetzten und ihn reich machten. „Was in Holland funktioniert, klappt meist auch im Rest der Welt“, erklärte er einmal und fügte ein weiteres Erfolgsgeheimnis hinzu: In den Niederlanden sei Sparsamkeit angesagt – auch in der Unterhaltung. Deshalb mussten „natürlich auch die Budgets der Sender deutlich niedriger ausfallen, mussten wir hier frühzeitig lernen, effizient mit wenig Geld ein tolles Programm zu machen. Deshalb glaube ich auch, dass hier mit die kreativsten TV-Macher der Welt sitzen.
Die Kreativität zahlte sich aus: Für 5,5 Milliarden Euro hatte John de Mol im Jahr 2000 seine Firma Endemol an den spanischen Telefonkonzern Telefonica veräußert. Nach einem glücklosen Börsengang kaufte John de Mol die Firma 2007 zurück: für 2,63 Milliarden Euro. Zudem gehört ihm der Sender Talpa. Auch das Anwesen in Blaricum ist im Besitz von John de Mol. Seine Schwester wohnt dort mit den beiden Kindern aus ihrer Beziehung mit dem TV-Regisseur Sander Vahle und ihrem Lebensgefährten, dem holländischen Musiker Jeroen Rietbergen.
Kein Gelegenheitserpresser
Genspuren hatte die Polizei an der Kuchenschachtel entdeckt, aber in den einschlägigen Datenbanken keinen Treffer erzielt. Kurz nach der TV-Sendung meldete sich der Erpresser erneut und erhöhte seine Forderung – von zehn Millionen Euro ist die Rede. Die Polizei schweigt, dafür melden sich andere: Der Sicherheitsexperte Erik Muller sagte der Zeitung Algemeen Dagblad: „Echte Kriminelle wissen, was sie tun.“ Keine Gelegenheitserpresser also.
Der Fall ruft in den Niederlanden dunkle Erinnerungen an andere spektakuläre Fälle wach. 1983 wurde der Biererbe Freddy Heineken drei Wochen lang verschleppt. Ein Jahr zuvor war Toos van der Valk, Frau eines Hotelkettenbetreibers, entführt worden. Beide kamen wieder frei. Gerrit Jan Heijn aus dem gleichnamigen Supermarktimperium wurde bei seiner Entführung 1987 aber ermordet. Der Fall de Mol rührt also an einem niederländischen Trauma: der Bedrohung der offenen Gesellschaft.
Linda De Mol tauchte unter. Nur einer gibt sich kämpferisch: ihr Bruder. Er wollte den TV-Preis für seine Schwester entgegennehmen. Einen Preis für Mut und Offenheit hat John de Mol schon verdient. Ganz ohne Botox.

