Ernährung Ernährung: Slow Food - Genießen im Zeichen der Schnecke

Dresden/dpa. - Slow Food entstand 1986 in Norditalien und versteht sichvor allem als Gegenbewegung auf die sich rasant ausbreitende Fast-Food-Kultur.
Die Erziehung zum Slow Food-Aktivisten beginnt bereits in jungenJahren. Toralf Richter aus Sayda (Erzgebirge), seit sechs JahrenSlow-Food-Esser, organisiert einmal in der Woche Kinderkochclubs, indenen die Kleinen spielerisch den verantwortungsvollen Umgang mitLebensmitteln lernen. Die Kinder seien begeistert vom eigensentwickelten «Geschmacksparcours», bei dem es darum gehe, «zu fühlen,wie ein Lebensmittel schmeckt», erzählt Richter.
Mit verbundenen Augen spüren die Kids den Unterschied zwischenJohannes- und Heidelbeere und ertasten Apfel und Birne. Zudem gehtRichter mit den Kindern zum Bauern und erklärt ihnen, dass Käse oderSchinken nicht abgepackt aus dem Supermarktregal stammen. «Es gehtdarum, wieder ein Bewusstsein für die Herkunft von Lebensmitteln zuentwickeln», sagt Richter.
Heute ist Slow Food eine weltweite Vereinigung von mehr als 80 000 bewussten Genießern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, dieKultur des Essens und Trinkens zu pflegen. Das Logo der Schneckehaben die Slow Food-Aktivisten bewusst gewählt. «Als Symbol fürLangsamkeit steht die Schnecke zum einen für die Abgrenzung vom FastFood, eine Schnecke kann man aber auch genießen», sagt Arno Glauchvon Slow Food in Dresden.
In Deutschland gibt es mehr als 50 regionale «Convivien» - sogenannte Tafelrunden - wie sich die regionalen Versammlungen der SlowFood-Mitglieder nennen. Regelmäßig treffen sie sich zum gemeinsamenKochen, kulinarischen Themenabenden und betreiben Lobby-Arbeit. Siesetzen sich für die Erhaltung der regionalen Küche mit ihrenheimischen Produkten sowie deren lokaler Produktion ein.
Die «Convivien» organisieren zudem zahlreiche Veranstaltungen.Bei den Dresdnern etwa stehen der Besuch eines ökologischen Weingutesoder eine Stollenverkostung auf dem Programm. «Spaß am Essen undbewusster Genuss sind ein wichtiger Aspekt für gesunde Ernährung»,sagt Bettina Wegener von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung inSachsen. «Die Esskultur ist in Deutschland nicht so verankert wie inanderen Kulturen», beklagt Glauch. Dies zu ändern, sei Ziel derkulinarischen Organisation.
Weil Essen mehr als nur Nahrungsaufnahme ist, stehen bei Slow FoodGenuss und Bedachtsamkeit im Vordergrund. «Voraussetzung ist die guteQualität der Lebensmittel», sagt Arno Glauch. Qualität brauche Zeit.Slow Food heißt auch, die richtigen Produkte zur richtigen Zeit.Keine Erdbeeren im Dezember, dafür aber ausgewogen und vielfältig dasganze Jahr über genießen. Die Aktivisten der Bewegung verwenden keineindustriell gefertigten Produkte, sondern nur solche, die vom Bauernoder dem Milchhof aus der Umgebung stammen. Wie schon im Slow Food-Gründungsmanifest steht: «Gegen die Verflachung durch Fast Foodsetzen wir den Reichtum der Geschmäcker aller regionalen Küchen.»