Ostalgie EisQueen: Softeis am Alexandeplatz feiert Ostalgie

Berlin - Ein Original geht auf Deutschland-Reise: Das bekannte DDR-Softeis, das bei so vielen wohlig sommerliche Kindheitserinnerungen weckt, gewinnt immer mehr Fans. Die Firma, die den Schoko-Vanille-Traum verkauft, wächst und wächst. Nun sogar bis Hamburg.
Karolina Stich hat den Kopf voll. In wenigen Wochen gibt sie ihre Masterarbeit ab, mit ihrer Firma EisQueen wurde sie Dritte beim Gelato Festival. Den größten Erfolg jedoch feiert die 27-Jährige mit der Ostalgie.
Mehr als 25.000 Softeis-Portionen verkauften sie und ihr Partner Robert Tech bereits in diesem Jahr. Mit dem Start dieser Saison legten sich die beiden neben dem Laden in der Mühlenstraße einen weiteren Verkaufsstand zu. Zur Zeit steht dieser auf dem Alexanderplatz – und vor allem Touristen davor Schlange.
„Es kommen aber auch viele ehemalige Bürger der DDR, die die Augen schließen, naschen, und sich in die Zeit der 80er-Jahre zurückversetzt fühlen“, sagt Stich. Am kommenden Wochenende fährt der Wagen nach Leipzig, anschließend nach Hamburg.
Gekleidet wie einst die Pioniere
Stichs Rezeptur und die Eismaschine „Elke“ aus dem Jahr 1982 sind Originale. Genau wie die Eiswaffeln mit der typischen Muschelform sowie die Plastiklöffel. Gereicht werden die kleinen Köstlichkeiten (kosten zwischen zwei und drei Euro) von jungen Frauen wie Henriette Sens.
Die 21-Jährige hat die DDR zwar nicht mehr erlebt, trägt jedoch freudestrahlend ein weißes Hemd samt blauem Halstuch und blauem Käppi – ganz so wie die Mitglieder der Pionierorganisation Ernst Thälmann einst.
Im Gegensatz zu ihrem Eis brachte die Aufmachung Karolina Stich nicht nur Freunde. Im vergangenen Jahr wetterte Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, in einer vornehmlich im ehemaligen West-Teil der Stadt erscheinenden Zeitung: „Ich verstehe nicht, wie man auf die Idee kommen kann, Eisverkäufer in die Uniformen einer Diktatur zu stecken“, die Kleidung sei „geschmacklos“ und „verletzend“ für die Opfer des DDR-Regimes.
Ostalgie, so meinen einige, sei eine Form der Verharmlosung. Doch die Erinnerungen an den Arbeiter- und Bauernstaat sind seit Jahren im Trend. Im Friedrichshain platzt das Hostel im DDR-Design aus allen Nähten. Vor dem Brandenburger Tor werden NVA-Uniformen oder Gasmasken verkauft, knatternd tuckern Trabis bei geführten Stadtrundfahrten durch Berlin. Und auch das DDR-Museum in der Karl-Liebknecht-Straße ist ein Erfolg.
Nahezu alle Unternehmen sahen sich schon den Vorwürfen des Spiels mit der Diktatur ausgesetzt. Karolina Stich nahm die Kritik zur Kenntnis, sagt heute: „Der Sturm im Wasserglas hat sich schnell gelegt. Wir wollen weder etwas verherrlichen noch schönreden – sondern Eis verkaufen.“ (red)