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Eisenbahnviadukt Eisenbahnviadukt: Abermals Selbstmord von Göltzschtalbrücke

24.09.2001, 11:06

Reichenbach/dpa. - Einen Zusammenhang zwischen beiden Suiciden wollte StaatsanwaltMichael Respondek am Montag nahezu ausschließen. Das Motiv des jungenMannes läge diesmal eindeutig im privaten Bereich. Wo genau das Motivder drei anderen jungen Leute zu finden ist, scheint noch immerunklar. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, wartet noch aufSchriftgutachten. Allerdings werde davon ausgegangen, dass die Aktenbald geschlossen werden. Der Verdacht von Satanismus als Hintergrundhabe sich nicht erhärtet. Weil auf einem Abschiedsbrief satanistischeSymbole gefunden worden waren, ermittelte die Staatsanwaltschaftzunächst in diese Richtung.

Die Stadt Reichenbach fürchtet nun um den Ruf der gesamten Region.Was den Fremdenverkehrsfachleuten in jahrelangen Bemühungen bishernicht gelang, könnten die Selbstmörder in wenigen Wochen schaffen -dass die größte Ziegelbrücke der Welt nämlich zu einem echtenBesuchermagneten wird, allerdings zu einem für Selbstmordtouristen.Diese Befürchtung zumindest äußerte Stadtsprecherin Heike Keßler,immerhin stammte der Tote vom Sonntag aus Baden-Württemberg.

In einem Brief an den Vorstand der Deutschen Bahn AG hat die Stadtschon vor Wochen eine bessere Sicherung der Göltzschtalbrücke sowieder nahe Elstertalbrücke gefordert. Eine Antwort blieb dieKonzernspitze schuldig. Unternehmenssprecherin Kerstin Ecksteinbestätigte, dass bei der Bahn verschiedene Möglichkeiten zurSicherung der beiden Bauwerke geprüft werden. Ob damit allerdingspotenzielle Selbstmordkandidaten von ihrem Vorhaben abzubringen sind,sei fraglich.

Sicher ist hingegen, dass der Bundesgrenzschutz nach demDreifachselbstmord durch verstärkte Kontrollen mindestens einenNachahmer von seiner Tat abhalten konnte. Nach Bahnangaben sollendiese Streifengänge im Bereich der Brücken nun wieder verstärktwerden.

Ironie des Schicksals bei der Diskussion um die Selbstmorde an derBrücke: Die im Vogtland verbreitete Legende, wonach der Konstrukteurdes Viaduktes vor dem ersten Zug in die Tiefe sprang, weil er seinenBerechnungen nicht traute, haben Heimatforscher widerlegt. Der Mannstarb eines natürliche Todes, lange nach Eröffnung des Bauwerkes. Wiehäufig in den vergangenen 150 Jahren seit Fertigstellung derimposanten Brücke sich Menschen aber tatsächlich freiwillig von derGöltzschtalbrücke in den Tod stürzten, vermag niemand zu sagen.