Brückeneinsturz in Dresden Einsturz der Carolabrücke: Experte entkräftet Vorwürfe
Die Ursachensuche für den Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden läuft parallel zu den Abbrucharbeiten. Der beauftragte Gutachter entkräftet nun Vorwürfe in einem Medienbericht.
Dresden - Der beauftragte Gutachter hat einen Medienbericht über ignorierte Gutachten und Vernachlässigung nötiger Instandhaltungsmaßnahmen im Fall der teilweise eingestürzten Dresdner Carolabrücke entkräftet. Der Einsturz sei vor allem auf diesogenannte Spannungsrisskorrosion zurückzuführen ist, heißt es in einer Stellungnahme von Brückenexperte Steffen Marx. Diese sei bereits beim Bau der Brücke initiiert worden.
Marx schreibt von einem „Einsturz ohne Vorankündigung“. Dieser sei „mit den im Rahmen der anerkannten Regeln der Technik durchgeführten üblichen Untersuchungsmethoden“ nicht im Vorfeld erkannt worden.
Die Korrosion der Spannglieder im Beton habe sich über viele Jahre im Inneren der Brücke unsichtbar von außen und weitgehend unabhängig von oberflächlichen Schadensbildern vollzogen. Marx fordert eine Überprüfung und Nachjustierung der Beurteilungsmethodik von Brücken mit ähnlicher Konstruktion und Bauzeit.
Medienbericht unterstellt Versäumnisse
„Bild“ hatte unter Verweis auf „interne Unterlagen“ berichtet, die Baubehörde habe „offenbar über Jahre brisante Gutachten zum desolaten Zustand der Brücke und vernachlässigte wichtige Instandhaltungsmaßnahmen“ ignoriert. So habe ein Gutachten im Oktober 2022 die Tragfähigkeit der Brücke infrage gestellt, ein anderes eine „sehr kritische“ Korrosion oder Schäden an einem Gelenk festgestellt.
Die Stadt hatte den Darstellungen widersprochen. Zudem hatte Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) die nun veröffentlichte Stellungnahme in Auftrag gegeben. Marx betont darin, dass sein Büro einer großen Breite denkbarer Ursachen nachgehe.
Marx: Zitierte Passagen für Fachfremde „irreführend“
Im Bericht der „Bild“ würden sehr kurze Passagen verschiedener Dokumente zitiert, anhand derer es selbst für Fachleute unmöglich sei, ihre Relevanz für die Standsicherheit der Brücke einzuschätzen. „Für Fachfremde wirken solche Informationen jedoch erschreckend und häufig irreführend.“
Unter anderem äußert er sich zu einer Gelenkdurchbiegung, die laut Artikel in einem Gutachten von 2017 festgestellt wurde. Marx zufolge trat die Verformung bereits in der „frühen Lebensphase des Bauwerks“ auf, war seit langem bekannt und wurde intensiv untersucht. Bei engmaschiger Überwachung sei in den letzten Jahren keine kritische Zunahme der Durchbiegung festgestellt worden.
Steffen Marx ist Professor am Institut für Massivbau an der TU Dresden. Die Stadt beauftragte ihn mit den Untersuchungen zur Ursache für den Teileinsturz der Carolabrücke in der Nacht zum 11. September. In die Analysen sind Fachleute aus ganz Deutschland eingebunden, um schnell fundierte Ergebnisse zu erhalten. Am 11. Dezember soll ein Zwischenbericht vorgestellt werden.