Dresden Dresden: Dauerausstellung im Hygiene-Museum ist fast fertig

Dresden/dpa. - «Etwa 80 Prozent waren über Jahre im Depot», sagt Projektleiter Bodo-Michael Baumunk.
Die ersten Säle zu den Komplexen Leben und Sterben, Ernährung undSexualität im Zeitalter der Reproduktionsmedizin wurden vor knappeinem Jahr eröffnet. Nun kommen die Themen «Erinnern - Denken -Lernen. Der Kosmos im Kopf - Das Gehirn», «Bewegung - Die Kunst derKoordination» sowie «Schönheit - Haut - Haar» dazu. Wie im erstenTeil der Schau stehen Historisches und Modernes beieinander, könnenBesucher ihre Sinne, Muskeln und Wahrnehmungen testen.
Der Rundgang macht Bekanntes aus eigenem Erleben erklärbar. «Wirwollten keine Enzyklopädie von der Zeugung bis zum Tod oder von derZelle bis zum Universum. Damit haben wir uns lange genug herumgeplagtund sind aufs Abstellgleis geraten», sagt Museumsdirektor KlausVogel. Die sieben Räume geben einen grundlegenden Eindruck von derFunktionsweise des menschlichen Körpers, vermitteln Wissen überwichtige Funktionen, Fehlbildungen und Krankheiten.
Die Ausstellung will eine Ahnung vom Wert des menschlichen Lebens,von seiner Einzigartigkeit und Bedeutung vermitteln. Eine solcheExposition kann nach Ansicht ihrer Gestalter dazu beitragen,verantwortungsvoll mit Gesundheit umzugehen. Dabei können dieDresdner aus einem umfangreichen Bestand an Modellen schöpfen. «DasAuge ist sogar aus den 30er Jahren», sagt Baumunk. Die Sammlung einesAugenarztes umfasst neben alten Prüfgeräten eine Brillenkollektion.
Im Raum der «Bewegung» gehören 21 Füße aus Gips und Wachs zu denExponaten. «Das Museum besitzt etwa 100 Fußmodelle», sagt Baumunk.Die Auswahl zeigt Verbildungen wie Platt-, Senk- oder Spreizfuß sowieVerformungen, die schlechtes Schuhwerk anrichtet. Daneben gibt esZeugnisse der «Ersatzteilmedizin» vom Amputationsapparat aus altenZeiten bis zur modernen Sportprothese. «Am Ersatzteilmensch siehtman, was am Skelett und Knochen künstlich ersetzbar ist.»
Im nächsten Raum sind Vitrinen und Wände noch leer. Hier werdenetwa 20 Prozent der Sammlung Schwarzkopf Platz finden, die das Museum1995 als Dauerleihgabe bekam. Dazu gehören Perückenköpfe aus dem 18.Jahrhundert, Necessaires aus verschiedenen Epochen, eine Pudreuse von1750, Zierkämme, Parfümverdampfer und 120 Flakons aus Glas, Kristall,Elfenbein, Porzellan, Silber oder Halbedelstein. Hinzu kommenüberdimensionale Modelle des Haares und der Haut, aber auchWachsmodelle von Hautkrankheiten wie Hautkrebs oder Akne.
«In der Gesamtwirkung soll kein Menschenbild vermittelt werden,das auf Perfektion beruht. «Krankheit und Leid ist auch Teilmenschlicher Existenz. Die gängige Verabsolutierung der Gesundheitmuss hinterfragt werden», sagt Vogel. Mit der Gesundheitserziehungaus DDR-Zeiten sei jedoch Schluss. «Der Zeigefinger ist weg, wir sindzur klassischen Kulturinstitution geworden, die sammelt, bewahrt,erforscht und ausstellt.»
Kindermuseum und Depot sollen das Museum bis Jahresendekomplettieren. Vogel hofft dann auf größeres Interesse für das Haus,dessen Name jedoch auf touristischem Gebiet hinderlich sei. Das«Hygiene» löse bei vielen ein befremdendes Gefühl aus. «Was in den30er Jahren ein Zugpferd war, ist heute ein Hindernis», sagt Vogel.Es werde vorsichtig über einen Untertitel für das Museum nachgedacht.