Dramatische Rettung von der "Norman Atlantic" Dramatische Rettung von der "Norman Atlantic": Hunderte Passagiere sitzen noch auf der Adria-Fähre fest
Athen - Nach Ausbruch eines Brandes auf einer Autofähre vor Griechenland kämpfen Helfer unter dramatischen Umständen um die Rettung hunderter Menschen. Bei bis zu neun Windstärken wurde am Sonntag auch nach Einbruch der Dunkelheit fieberhaft versucht, Passagiere und Besatzungsmitglieder von der in Flammen stehenden „Norman Atlantic“ zu holen. Die Fähre hatte wohl 478 Menschen an Bord, darunter 18 Deutsche. Nach griechischen Angaben gibt es mindestens einen Toten.
Die italienische Küstenwache teilte mit, die Leiche sei aus dem Meer rund um die brennende Fähre „Norman Atlantic“ geborgen worden. Es handele sich um einen Mann, der ins Meer gesprungen sei.
An Bord spielten sich dramatische Szenen ab, da Rauch und Flammen den Eingeschlossenen immer näher kamen. „Das Schiff brennt immer noch“, sagte ein Passagier dem griechischen Fernsehen per Telefon. „Wir wissen nicht, wie lange wir noch aushalten können.“ Der Rauch erschwere das Atmen. Passagiere würden im Schiff immer weiter nach oben steigen und auf dem oberen Deck in der Kälte auf Hilfe warten. An Bord seien auch viele Kinder und ältere Menschen.
Vier Menschen sterben und fast 90 werden verletzt, als in der Meerenge von Messina eine Schnellfähre mit einem Containerschiff zusammenprallt.
Die griechische „Express Samina“ läuft vor der Ägäisinsel Paros auf ein Riff und geht binnen weniger Minuten unter. 81 der etwa 560 Menschen an Bord ertrinken.
Etwa 15 Seemeilen vor der westgriechischen Küste gerät die Fähre „Superfast 3“ in Brand. 14 blinde Passagiere kurdischer Abstammung kommen ums Leben.
Die italienische Fähre „Moby Prince“ stößt vor Livorno mit dem Öltanker „Agip Abruzzo“ zusammen und geht in Flammen auf. 140 Menschen sterben.
Die Chartergesellschaft der „Norman Atlantic“, Anek, teilte am Sonntagabend mit, die Lage sei unter Kontrolle gebracht worden. Nunmehr gebe es „nur noch Rauch“, sagte ein Anek-Sprecher. Als Zeitpunkt, zu dem der Brand unter Kontrolle gebracht wurde, nannte der Sprecher 19.30 Uhr (MEZ). Die noch an Bord befindlichen Menschen sollte mit Strickleitern in Sicherheit gebracht werden, kündigte der Sprecher an. Das Stabilisieren der Autofähre sei allerdings noch nicht gelungen. Vielmehr sei eine Vertäuung an einem Schlepper wieder zerrissen.
Parallel dazu holten auch nach Einbruch der Dunkelheit Retter mit insgesamt vier Hubschraubern Passagiere und Besatzungsmitglieder paarweise von der „Norman Atlantic“. Je Paar würden dabei 15 Minuten gebraucht, hieß es. Sie würden auf ein in der Nähe kreuzendes Schiff geflogen. Die Teams sollten auch die Nacht hindurch arbeiten. „Wir machen übernatürliche Anstrengungen in dieser äußerst schwierigen Lage“, sagte ein Sprecher der Küstenwache.
„Es ist eine der kompliziertesten Rettungsaktionen, die wir jemals hatten“, sagte der griechische Schifffahrtsminister Miltiadis Varvitsiotis. Andere Schiffe konnten sich der Fähre wegen eines Sturms mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 88 Kilometern pro Stunde und hoher Wellen kaum nähern.
Das Schiff war auf dem Weg vom griechischen Patras ins italienische Ancona, als vor der griechischen Insel Korfu am frühen Sonntagmorgen aus noch ungeklärter Ursache auf dem unteren Parkdeck Feuer ausbrach. Offen war bis zum Abend, wie viele Menschen bereits gerettet werden konnten. Die griechische Regierung teilte aber zumindest mit, dass es keine Vermissten gebe.
Schwangere Frau mit zwei Kindern gerettet
Die griechischen Behörden sprachen von 156 Personen, die inzwischen außerhalb der Gefahrenzone seien. Andere Quellen sprachen von 165 Geretteten. Darunter ist nach Informationen der italienischen Nachrichtenagentur Ansa auch eine Frau, in der 30. Woche schwanger, mit ihren zwei Kindern, die vermutlich ins Wasser gefallen waren. Andere Kinder warten demnach im Krankenhaus in Süditalien auf Nachrichten von ihren Eltern, die noch an Bord seien.
Auf der Autofähre befanden sich auch mehr als 200 Fahrzeuge. Den Behörden zufolge sollen neben 268 Griechen und den Deutschen auch Bürger aus Österreich, Italien, Frankreich und den Niederlanden an Bord gewesen sein, zumeist wohl Lkw-Fahrer. Die Fähre trieb am Abend manövrierunfähig in albanischen Gewässern. Schlepper sollten versuchen, sie in den albanischen Hafen Durres zu ziehen.
Am Sonntag war bekannt geworden, dass auf der „Norman Atlantic“ bei einer Inspektion Sicherheitsmängel festgestellt worden sein sollen. Wie das staatliche griechische Fernsehen NERIT und andere Medien berichteten, hat eine Inspektion der Hafenbehörde von Patras am 19. Dezember unzureichende Rettungsmittel, undichte Sicherheitstüren, den Zustand der Notbeleuchtung und das Fehlen von Evakuierungsplänen an den Wänden des Schiffes bemängelt. Der Reederei sei eine zweimonatige Frist zur Behebung dieser Mängel eingeräumt worden, berichtete NERIT. Ob das Schiff dennoch als seetüchtig gelten konnte, blieb unklar.
Das Auswärtige Amt bestätigte bereits am Sonntagmittag, dass mehrere Deutsche an Bord waren. Die deutschen Botschaften in Rom, Athen und Tirana seien eingeschaltet und stünden im ständigen Kontakt mit den Behörden vor Ort. Überdies wurde eine Hotline (030/50002000) eingerichtet, über die sich Angehörige möglicher Passagiere informieren können. (rtr, afp, dpa)