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Dortmund Dortmund: Tscheche wird Europameister der Hirschrufer

Von Helge Toben 08.02.2009, 15:38
Der 23-jährige Volkswirtschafts-Student und Jäger Jan Brtnik bläst in Dortmund in seinen sogenannten Hirschruf. Brtnik konnte sich gegen 23 Konkurrenten aus acht Nationen durchsetzen. 
Der 23-jährige Volkswirtschafts-Student und Jäger Jan Brtnik bläst in Dortmund in seinen sogenannten Hirschruf. Brtnik konnte sich gegen 23 Konkurrenten aus acht Nationen durchsetzen.  dpa

Dortmund/dpa. - Bedrohlich tief und grimmig seufzend röhrt esdurch die Messehalle. Schließt man die Augen, wähnt man sich fast aufeiner Waldlichtung: Die besten 24 Hirschrufer Europas haben amSamstag bei der Jagdmesse «Jagd & Hund» um die Wette geröhrt. Dieacht Juroren, allesamt gestandene Jäger, waren sich schließlicheinig: Der 23-jährige Volkswirtschaftsstudent Jan Brtnik aus einerStadt in der Nähe des tschechischen Marienbad vermag dieBrunftschreie der Rotwild-Männchen am besten nachzuahmen.

Die Männer meinen es ernst. In traditioneller Jagdkleidung tretensie nacheinander vor das Mikrofon und legen los - ungesehen von denKampfrichtern. Dabei pusten sie in längenverstellbare Plastikröhren,fast fußballgroße Meeresschnecken mit einem Loch an der Spitze oderhohle Ochsenhörner, einen halben Meter lang. Konzentriert geht es zurSache. Mehrmals wird angesetzt. Die Aufgaben sind schwer: In derersten Runde sollen die 24 Teilnehmer einen alten Hirsch nachahmen,der mit ein paar weiblichen Tieren, dem sogenannten Kahlwild, abseitsdes Brunftplatzes steht.

Zweck der kurios anmutenden Lautäußerungen ist, während derBrunftzeit des Rotwildes von September bis Anfang Oktober dem«Platzhirsch» einen Nebenbuhler vorzutäuschen. Damit will der Jägerihn aus der Deckung locken, um das Tier für einen möglichen Abschussbeurteilen zu können. Die Kunst, den Hirsch zu rufen, sei«anspruchsvolles jagdliches Handwerk», lässt der Veranstalter wissen.Die Lock- und Rufjagd habe eine jahrhundertelange Tradition.

Die mehr als 500 Zuschauer sind durchaus angetan. «Es ist sehrrealistisch», sagt ein 47-jähriger Jäger aus dem nordrhein-westfälischen Spenge, der auch schon echte Hirsche röhren hörte.Natürlich sehe es ein wenig komisch aus, aber teilweise seien dieHirschrufer sehr gut. Ein 57-Jähriger pflichtet ihm bei. Skurrilfindet er das Hirschrufen nicht. «Jeder soll sein Hobby haben», sagter. Er selbst gehe durch den Wald und sammele abgeworfeneHirschgeweihe. Eine Frau aus den Niederlanden, die zuvor noch nie vomHirschrufen hörte, fand es lustig anzusehen.

Jüngster Teilnehmer in Dortmund war der 14-jährige JulianHochleitner aus Goldegg im Salzburgerland. Zusammen mit seinem Vaterund seinem Onkel repräsentierte er die österreichischen Hirschrufer.Er schaffte es auf Platz 12 - noch vor seinem Vater - und war nichtenttäuscht. «Ich habe viel zu hell geschrien.» Er sei gerade imStimmbruch und seine Stimme noch nicht so tief. Er will aberweitermachen. Onkel Christian Hochleitner, Berufsjäger in Werfen beiSalzburg, wurde Dritter. Wie er sich vorbereitet hat? «In den letztenzwei Wochen habe ich jeden zweiten Tag etwa 20 Minuten gerufen», sagtder 46-Jährige. «Im Wohnzimmer, meistens, wenn niemand zu Hause war -damit es die Familie nicht stört.» Auch er will weitermachen. Infrüheren Jahren war er bereits zwei Mal österreichischer Meister.