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Vor der Wahl Die Spitzenkandidaten zur Brandenburger Landtagswahl

Manche sind politisch versierte „Hasen“, manche betreten Neuland: Die Spitzenkandidaten der Brandenburger Parteien haben ein Ziel gemeinsam - Erfolg bei der Wahl.

Von dpa 15.07.2024, 06:00
Dietmar Woidke tritt zum dritten Mal als Spitzenkandidat der SPD Brandenburg an. (Archivbild)
Dietmar Woidke tritt zum dritten Mal als Spitzenkandidat der SPD Brandenburg an. (Archivbild) Soeren Stache/dpa

Potsdam - Zur Brandenburger Landtagswahl treten manche Spitzenkandidaten der Parteien zum wiederholten Mal an. Andere von ihnen sind erst kürzlich gewählt. Eine Übersicht:

Dietmar Woidke - Landesvater mit Erfahrung und Ausdauer

Seit mehr als zehn Jahren ist Dietmar Woidke Regierungschef von Brandenburg, zum dritten Mal tritt er als SPD-Spitzenkandidat zur Landtagswahl an. Der 62-jährige Lausitzer bringt viel Erfahrung mit. Der studierte Agraringenieur war Landwirtschaftsminister, SPD-Fraktionschef, Innenminister und übernahm 2013 das Ruder von Matthias Platzeck. Von Umfragen - die AfD liegt vor der SPD - zeigt er sich unbeeindruckt. 

Woidke setzt wie im Wahlkampf vor fünf Jahren auf die persönliche Karte: Er ist der mit Abstand bekannteste Landespolitiker. Seine „schwerste politische Entscheidung“ war die Absage der Kreisgebietsreform, sein größter Coup die Ansiedlung von Tesla in Grünheide. Der verheiratete Vater einer Tochter läuft gern und ist Rockmusikfan. Er kann nicht nur Politik: „Ich kann Trecker fahren, ich kann Kühe melken“, bekannte er vor Bauern.

Hans-Christoph Berndt - AfD-Fraktionschef und rechter Netzwerker

Der Laborarzt ist seit 2019 Abgeordneter des Brandenburger Landtags. Im Jahr darauf übernahm er den Fraktionsvorsitz von Andreas Kalbitz. Berndt ist bestens vernetzt. Er zählt zu sechs Abgeordneten, die der Landesverfassungsschutz als rechtsextrem einstuft. Dem Geheimdienst wirft er vor, er sei eine „Neo-Stasi“. Im Jahr 2015 gründete Berndt den Verein Zukunft Heimat, den der Verfassungsschutz als rechtsextremistisch bewertet. 

Der Charité-Aufsichtsrat distanzierte sich 2016 von „fremdenfeindlichen Äußerungen“ des damaligen Fakultätspersonalrats Berndt. In seinen Landtagsreden spart er nicht mit Attacken gegen die übrigen Parteien. Die Strategie einer Ausgrenzung der AfD hält er für gescheitert. Kürzlich hieß es von ihm: „Ich bin ja auch ein alter Linker, der sich mit der Zeit wegbewegt hat.“ Berndt wurde 1956 in Bernau geboren und ist verheiratet.

Jan Redmann - CDU-Karrieremann und Reise-Fan

Der Anwalt führt die CDU-Landtagsfraktion in Brandenburg seit 2019 und steht seit 2023 an der Spitze des Landesverbands. Das Leiten ist ihm nicht fremd - Jan Redmann wurde 2006 Vorsitzender der Jungen Union Brandenburg. Er hat die Landes-CDU nach dem Rückzug von Michael Stübgen modernisiert. Redmann will die Staatskanzlei erobern. Mit wem er nicht gern regieren möchte, hat er deutlich gemacht: mit den Grünen. 

Der 44-jährige Wittstocker setzt unter anderem auf Bildung und Sicherheit. Dass Redmann politisch viel vorhat, zeigt auch seine Mitgliedschaft im CDU-Bundesvorstand. In der Partei ist er gut vernetzt: Mit NRW-Regierungschef Hendrik Wüst hat er mal in einer WG gewohnt. Redmann treibt gern Sport, „verschlingt“ Bücher und ist Reise-Fan - möglichst in „fremde Länder“. Zuletzt geriet er in Schlagzeilen, weil er betrunken E-Scooter fuhr und räumte einen Fehler ein.

Benjamin Raschke - Rückkehrer und Co-Spitzenkandidat 

Seit 2019 steht der Grünen-Co-Spitzenkandidat an der Spitze der Landtagsfraktion. Der gebürtige Lübbener ist ein Rückkehrer: Er studierte in Konstanz Politik, Philosophie und Jura und kam wieder zurück in die Lausitz. Der 41-Jährige, der sich um Klima-, Natur- und Tierschutz sowie Recht kümmert, ist wortgewandt. Seit 2005 ist er Mitglied der Grünen. Er war mit Annalena Baerbock Landesvorsitzender und ist seit 2014 Abgeordneter im Landtag. 

Raschke hat sich unter anderem für mehr Insektenschutz und mehr öffentlichen Nahverkehr starkgemacht. Dem Koalitionspartner SPD gibt er mitunter deutlich Kontra: „Ich kann nur davor warnen, diesen AfD-Thesen hinterherzulaufen“, sagte Raschke mit Blick auf eine schärfere SPD-Migrationspolitik. Raschke ist Vater zweier Kinder. Er nahm 2017 und 2020 jeweils mehrere Wochen Elternzeit.

Antje Töpfer - Von der Wissenschaftlerin zur Co-Spitzenkandidatin 

Die Lebensmittelchemikerin wurde in Ludwigsfelde geboren. Nach ihrem Studium arbeitete Antje Töpfer mehrere Jahre unter anderem in der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. Von 2015 bis 2022 war sie Referentin im Bundeslandwirtschaftsministerium. Im Kreistag Havelland war sie als Fraktionsvorsitzende der Grünen aktiv. Seit Dezember 2022 ist Töpfer Verbraucherschutzstaatssekretärin im Brandenburger Sozialministerium. 

„Ich habe die Erfahrung und die Brandenburg-Perspektive“, sagte Töpfer, bevor sie sich als Spitzenkandidatin bewarb. Die 56-Jährige macht sich unter anderem für gesunde Ernährung ohne Verbote stark und wendet sich gegen eine schärfere Flüchtlingspolitik. Töpfer hat zwei Kinder.

Sebastian Walter - Jung-Star und redegewandter Kämpfer

Sebastian Walter gehört auch mit 34 Jahren noch zu den jungen Politikern der Linken. Seine Politik-Karriere begann er als 14-Jähriger in der Linksjugend. Mit 22 Jahren wurde er der bisher jüngste stellvertretende Vorsitzende eines Linke-Kreisverbandes im Land. Walter wollte ursprünglich Lehrer werden, wurde aber Gewerkschaftssekretär - mit 26 war er der jüngste. Seit 2019 ist er Linke-Landtagsabgeordneter und Fraktionschef, seit 2022 Co-Landeschef. 

Im Landtag gehört Walter zu den Abgeordneten, die rhetorisch gewandt sind und frei reden können. Manchmal schlägt er über die Stränge und kassiert einen Ordnungsruf. Angesichts von Wahlschlappen fordert Walter die Erneuerung der Bundespartei. Die Ex-Linke Sahra Wagenknecht forderte er zu einem Rededuell auf: „Dann reden wir mal Klartext.“ Walter ist verheiratet und Vater eines Sohnes.

Péter Vida - selbstbewusster Kopf der Freien Wähler

Er will mehr gesunden Menschenverstand in die Landespolitik bringen: Péter Vida, Spitzenkandidat von BVB/Freie Wähler. Der ledige 40 Jahre alte Rechtsanwalt ist Sprecher der Freie-Wähler-Gruppe im Landtag und gilt als Vielredner. Seit Jahren ist der Landeschef das Gesicht von BVB/Freie Wähler in Brandenburg, die bei der Kommunalwahl zulegten. Der selbstbewusste Abgeordnete ist in Schwedt geboren und hat ungarische Wurzeln. 

Er lebt in Bernau im Landkreis Barnim und ist dort im Stadtparlament und im Kreistag vertreten. Als großer Erfolg gilt die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge 2019 durch den Landtag. Vida tritt für mehr direkte Demokratie ein und sieht den Windkraftausbau etwa wegen Naturschutz kritisch. Seine Leidenschaft ist das Reisen - zum Beispiel in die Ukraine, ins Kosovo und nach Grönland.

Robert Crumbach - BSW-Chef mit langer SPD-Vergangenheit

Vor zehn Jahren wollte Robert Crumbach noch für die SPD Landrat im niedersächsischen Stade werden. Heute greift er die Sozialdemokraten in Brandenburg mit harten Attacken an. Der 61 Jahre alte Arbeitsrichter aus Potsdam führt das noch junge Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) als Spitzenkandidat in die Landtagswahl. Crumbach ist im niederländischen Heerlen geboren, seit 2018 verwitwet und hat zwei erwachsene Kinder. 

40 Jahre lang war er in der SPD, wie er erzählt. „Die letzten zehn Jahre habe ich schon gezweifelt“, sagt Crumbach. Privat wandert der BSW-Politiker gern: Sein Traum sei es, noch einmal von München nach Venedig zu laufen. Vorerst fehlt ihm dafür aber die Zeit.

Zyon Braun - Bankfachwirt und FDP-Landeschef

Der gebürtige Templiner trat 2014 in die FDP ein. Von 2019 bis 2021 war der Bankfachwirt Landesschatzmeister der FDP Brandenburg, 2021 wurde er Landesvorsitzender. Seit 2023 gehört Braun dem Bundesvorstand der Freien Demokraten an. Er will die FDP nach zehn Jahren wieder in den Landtag führen und mitregieren - die Umfragen sehen die Liberalen allerdings bisher nicht im Parlament. 

Für Debatten sorgte ein Wahlplakat, das Brauns obere Gesichtshälfte mit einer zerschlagenen Brille zeigt mit der Aufschrift: „Keine Angst vor Konfrontation“. Braun sagt, es gehe darum, sich trotz vermehrter Angriffe auf Politiker nicht einschüchtern zu lassen. Der heute 29-Jährige erlebte das „Sommermärchen“ der WM 2006 als Schüler und war beeindruckt von Philipp Lahms Tor im Eröffnungsspiel.