Depressionen Depressionen: Teresa Enke über den Selbstmord ihres Mannes

Barsinghausen/dpa. - «Ich habe eine kleine Tochter, ich muss mich zusammenreißen», sagtsie irgendwann an diesem Mittwochabend in Barsinghausen, in einemAutohaus im Industriegebiet. Seit dem 10. November vergangenen Jahresist sie Witwe. Seitdem der Torwart der deutschen NationalmannschaftSelbstmord beging, seine Frau und die jetzt adoptierte Tochter Leilaalleine zurückließ.
Manchmal lächelt Teresa Enke vorsichtig und ein wenig verlegen.So, als wenn sie sich nicht recht trauen würde. Sie weiß, dass dieMenschen auf sie schauen. Es ist der erste öffentliche Auftritt, beidem die 34-Jährige über die Zeit nach dem Suizid ihres Mannesspricht, über ihr Leben als Witwe und ihre Arbeit bei der RobertEnke-Stiftung. Sie ist Vorstandsvorsitzende der Stiftung, und siewill über das Thema Depression aufklären - jene Krankheit, an der ihrMann litt und die ihn in den Tod trieb.
«Es ist ein großer Begriff, aber es geht auch um Enttabuisierung»,erklärt die Frau, die mit ihrem Schritt in die Öffentlichkeit am Tagnach Robert Enkes Tod die Menschen beeindruckt und berührt hat. «Erhatte Angst, dass das rauskommt», hatte sie damals bei einerbewegenden Pressekonferenz über die Krankheit des Keepers berichtet.Jetzt sagt sie: «Wir wollen erreichen, dass sich keiner mehr schämenmuss.»
Aussagen in der medialen Öffentlichkeit gab es danach nicht mehr.Keine Auftritte bei Beckmann oder bei Kerner, keine Interviews bei«Spiegel» oder «Stern». Obwohl die Witwe und Enke-Berater JörgNeblung seit Monaten mit Anfragen überhäuft werden. «Das, was ichdazu zu sagen hatte, ist gesagt», erklärt Teresa Enke ihreZurückhaltung: «Das war einmalig.»
Bei der Gründung der Stiftung im März und bei einer ScheckübergabeAnfang Mai in der Medizinischen Hochschule Hannover ist sie erstmalswieder öffentlich zu sehen. Und für die Stiftung wagt die zierlicheund doch so starke Frau sich nun vor. Sie spricht vor rund 100Menschen, auch über ihr Leben in Empede, einem kleinen Dorf in derRegion Hannover.
«Der Kontakt war immer sehr gut», berichtet sie. «Wir sindim Dorfleben mit drin.» Die Nachbarn «haben mit sehr geholfen undhaben sich gekümmert. Das ist ein ganz tolles Gefühl.» In derAnfangsphase haben ihr Dorfbewohner sogar «Essen gebracht». Sie habeüberhaupt sehr viel Zuspruch erhalten: «Es gibt viele, die mir mitRat und Tat zur Seite stehen.»
Vorsichtig tastet Teresa Enke sich ins Leben zurück, in eine Lebenohne Robert und ohne Fußball. «Ich war natürlich noch nicht imStadion», sagt sie. Doch das Abschneiden des Vereins, bei dem ihrMann zur Nummer eins der Nationalmannschaft wurde, das verfolgt sieweiter. Über den späten Klassenverbleib von Hannover 96 habe sie sichgefreut: «Ich bin sehr, sehr froh und glücklich, dass sie esgeschafft haben», sagt sie. «Zu einigen Spielern und Frauen habe ichnoch Kontakt.» Irgendwann will sie auch wieder ins Stadion, wo imvergangenen Jahr am 15. November bei einer Trauerfeier rund 40 000Menschen Abschied von Robert Enke nahmen. Irgendwann, «wenn ich esemotional schaffe».
Ein wichtiger Teil ihres neuen Lebens ist die Stiftung. «DieArbeit gibt mir Kraft», sagt Teresa Enke: «Ich will versuchen zuhelfen.» Die Hauptarbeit mache Jan Baßler, der Geschäftsführer. Auchan diesem Abend in Barsinghausen erklärt der Jurist den Aufbau derStiftung, begleitet und unterstützt Teresa Enke bei ihremöffentlichen Auftritt.
«Ich habe noch nicht soviel Kraft, dass ich mich jeden Tag damitbefassen kann», sagt die 34-Jährige, die demnächst am Stiftungssitzin Barsinghausen ein eigenes Büro erhalten soll. «Ich habe eineTochter, und es muss im Rahmen bleiben.» Im Moment mache sie «eherrepräsentative Dinge. Ich muss da reinwachsen.» Die Arbeit in derStiftung, das ist zu spüren, liegt ihr am Herzen, ist ein ganzwesentlicher Teil in ihrem neuen Leben. «Vielleicht gibt es mirsoviel Kraft, dass ich es jeden Tag mache.»