Delikater Fall Delikater Fall: Richter befassen sich mit einem Sauerbraten

Auerbach/dpa. - Seit Monaten muss sich deshalb das Amtsgericht in der Heimatstadtder streitbaren Regina Zindler («Maschendrahtzaun») mit der Frageherumplagen, wie ein vogtländischer Sauerbraten mittlerer Art undGüte beschaffen sein muss. Denn letzten Endes geht es um dieErfüllung eines Werkvertrages. Ein Urteil wird für den (morgigen)Freitag erwartet.
Auch am Mittwoch beharrten die beiden Streithähne auf ihrerMeinung: Der Gast bemängelte auch die Beschaffenheit von Soße undRotkraut mit den Worten «zu hell, zu dünn, zu weich.» Außerdem habedie mehlige Soße nach Schwein geschmeckt. Die in ihrer Ehre gekränkteWirtin bestand darauf, einen echten vogtländischen Sauerbraten mitdem entsprechenden «Drum und Dran» kredenzt zu haben, bei dem allesin Ordnung war.
Der sachverständige Kochausbilder, der seit 25 Jahren Erfahrungenan vogtländischen Herden sammelt, musste diejenigen Zuhörerenttäuschen, die auf ein regional typisches Sauerbraten-Rezeptwarteten: «Einen Sauerbraten kann man unterschiedlich zubereiten, undder Geschmack kann unterschiedlich beurteilt werden. Nach allem, wiees beschrieben wurde, müsste eigentlich ein Sauerbraten mittlererGüte als Ergebnis herausgekommen sein.»
Der Gerichtstermin glich einer Koch-Lehrstunde: So kann Rotkohlunterschiedliche Farbe haben - je nach Alter der Kohlköpfe undZubereitung. «Wenn man Salz hinzugibt, wird das Kraut blauer undheller. Wenn man mit Essig nachwürzt, kriegt der Kohl ein kräftigeresRot.» Auch das Kochgeschirr kann Einfluss auf die Farbe haben. Dievom beklagten Gast bemängelte Farbe der Soße könnte vom Soßenkuchenstammen, mit dem die Sauerbratenflüssigkeit traditionell im Vogtlandgebunden werde, meinte der Experte. «Da gibt es hellere und dunklereSorten», sagte er und holte ein kleine Auswahl aus seinerAktentasche, die er dem Richter präsentierte.
Richter Arno Schmelcher wird in seinem Urteil auch diewidersprüchlichen Zeugenaussagen bewerten müssen. Zwei Angestelltedes «Schützenhauses» sowie der Freund der Klägerin, ein gelernterKellner, bestätigten die Auffassung der 38-jährigen Wirtin. DerFreund untermauerte seine Meinung mit dem Hinweis, er habeschließlich vom Teller des zurückgegebenen Gerichts noch gekostet.Ein Bekannter des 30 Jahre alten Beklagten hingegen bestätigte, dasRotkraut habe ausgesehen wie «ausgekocht». Die Mutter des Beklagten -die nicht probiert hatte - mutmaßte, der Rotkohl stammte gar auseiner Konservenbüchse.