Schmierereien am Parlament Debatte über Sicherheit am Landtag nach Gaza-Parolen
Niedersachsens Landesparlament wurde mit islamistischen Parolen beschmiert. Der Landesbeauftragte gegen Antisemitismus zeigt sich entsetzt. Die Fraktionen denken über Konsequenzen nach.
Hannover - Niedersachsens Landespolitik erwägt nach den islamistischen Schmierereien am Landtagsgebäude eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen. „Wir denken da unter anderem an regelhafte Taschenkontrollen“, sagte SPD-Fraktionschef Grant Hendrik Tonne. Auch mit Blick auf den Greenpeace-Protest an der Landtagsfassade vor einem Jahr sagte er: „Die Gefahr solcher Vorfälle lässt sich nur mittels stärkerer Videoüberwachung und schnellem Eingreifen minimieren. Wichtig ist außerdem, dass es eine zügige und klare Reaktion des Staates auf solche Straftaten gibt.“
Die Wiedereinführung einer Bannmeile, wie sie die CDU fordert, lehnte Tonne hingegen ab. Weder die Aktion von Greenpeace noch die Schmierereien wären durch eine Bannmeile verhindert worden, sagte er. Dieser Vorschlag trage daher nicht zur Lösung bei.
Der SPD-Fraktionschef forderte zudem, auch die Sicherheit im Landtag selbst in den Blick zu nehmen. „So muss sichergestellt werden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Fraktionen auf dem Boden unserer Verfassung stehen. Demokratiefeinde haben im Haus der Demokratie nichts verloren“, sagte Tonne.
Landtagspräsidentin lädt Fraktionen zum Gespräch
Die Landtagsverwaltung erklärte, das Sicherheitskonzept werde nach dem Vorfall auf Schwachstellen überprüft. Landtagspräsidentin Hanna Naber habe die vier im Landtag vertretenen Fraktionen zu einem Austausch über Vorstellungen und Möglichkeiten bezüglich Sicherheitsfragen eingeladen, um zu einem möglichst abgestimmten Vorgehen zu kommen. Darüber hinaus werde es Gespräche mit den Sicherheitsbehörden geben.
Grundsätzlich seien die Möglichkeiten der Landtagsverwaltung, den Außenbereich des Landtages zu sichern, aber begrenzt. „Eine unter allen Umständen greifende Absicherung des Außenbereiches wird es angesichts der Größe des Gebäudekomplexes sowie dessen Lage nicht geben können“, hieß es. Die Frage nach einer Bannmeile müsse von den politisch Handelnden beantwortet werden. Nötig wäre dafür eine Gesetzesänderung.
CDU fordert Bannmeile und Rund-um-die-Uhr-Schutz
Der Landtag in Hannover, das sogenannte Leineschloss, war in der Nacht vor einem Tag der offenen Tür am Samstag unter anderem mit der Parole „Free Gaza“ beschmiert worden. Die Polizei sicherte Spuren und nahm die Ermittlungen auf, hieß es. Die Parolen wurden entfernt. Zum Tag der offenen Tür kamen trotz des Vorfalls rund 12.000 Besucherinnen und Besucher.
CDU-Oppositionsführer Sebastian Lechner forderte Rot-Grün nach Bekanntwerden der Schmierereien zu gemeinsamen Gesprächen über ein neues Sicherheitskonzept für das Parlament auf. Maßnahmen wie eine Bannmeile, Videoüberwachung und ein Rund-um-die-Uhr-Schutz seien notwendig, um den Landtag zu schützen, sagte er.
Der Co-Fraktionschef der Grünen, Detlev Schulz-Hendel, kündigte an, man werde „gemeinsam Konsequenzen für die Sicherheitsmaßnahmen ziehen“. Der Objektschutz rund um den Landtag müsse besser werden. Allerdings wolle man sich „von solchen Angriffen das Konzept eines grundsätzlich offenen Hauses nicht kaputt machen“ lassen.
Antisemitismusbeauftragter ist empört über Gaza-Parolen
Auch Niedersachsens Antisemitismusbeauftragter Gerhard Wegner reagierte empört auf die islamistischen Parolen wie „Free Gaza“, die am Landtag angebracht worden waren. In Deutschland sei zwar Platz für Kritik an der Politik der jetzigen Regierung des Staates Israel. „Dafür gibt es viele legitime Wege. Ein öffentliches demokratisches Organ Deutschlands anzugreifen, wie in diesem Fall, ist es jedoch nicht“, sagte Wegner.
Besonders scharf verurteilte der Landesbeauftragte das Aufsprühen eines roten Hamas-Dreiecks. „Die Hamas ist völlig zu Recht in Deutschland verboten. Deswegen sollte auch die Nutzung ihrer Symbole verboten sein und zur Anzeige gebracht werden“, sagte Wegner.
Bei einem Angriff am 7. Oktober 2023 hatten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Organisationen mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 250 weitere als Geiseln nach Gaza verschleppt.
Die Palästinensische Gemeinde Hannover bezeichnete den Vandalismus als eine eklatante Respektlosigkeit gegenüber den Werten der Demokratie. Es gebe Fanatiker, die versuchten, ihre extreme Gesinnung unter dem Deckmantel von Palästina oder Gaza zu verbreiten. „Diese Personen haben jedoch nichts mit der Mehrheit der Palästinenser zu tun, die sich für Frieden und Demokratie einsetzen“, sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Yazid Shammout.