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DDR-Geschichte DDR-Geschichte: Witwe von Walter Ulbricht ist tot

27.03.2002, 17:42
Lotte und Walter Ulbricht 1968 in Warnemünde. (Foto: MZ-Archiv)
Lotte und Walter Ulbricht 1968 in Warnemünde. (Foto: MZ-Archiv) ADN

Berlin/dpa. - Bis zum Schluss schwieg die alte Frau eisern über ihr Leben mitdem Politpromi. Sogar mit dem Krückstock wehrte die einstige FirstLady der DDR nach der Wende Versuche der Presse ab, mit ihr insGespräch zu kommen. Zurückgezogen und verbittert wohnte die alte Damein Berlin-Pankow, wo sie auch schon mit dem Vorgänger von ErichHonecker lebte.

Die in Neukölln geborene Ulbricht soll nach der Wende den Westennie betreten haben. Ihre Pfleger soll sie angeherrscht haben, sie nurdurch die einstige Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republikzu fahren. Lotte Ulbricht war bis zu ihrem Tod Mitglied der PDS. Bis«weit in die neunziger Jahre» nahm Lotte Ulbricht laut Parteiangabennoch an Versammlungen teil.

Schon im vergangenen Jahr hatte Lotte Ulbricht starkegesundheitliche Probleme. Im Sommer 2001 musste die weißhaarige Fraumit den dunklen, buschigen Augenbrauen nach einem Schwächeanfall insKrankenhaus. Zuvor war sie in verwirrtem Zustand im Keller ihresHauses von Pflegekräften aufgefunden worden.

Noch anlässlich ihres 98. Geburtstages hatte die frühereFunktionärin der dpa gesagt: «Ich habe niemandem etwas mitzuteilen.»Offenbar war sie vereinsamt und hatte nur noch Kontakt zu wenigenMenschen. «Ich habe schon zu viel gelebt», sagte sie damals.

Ihr Mann Walter starb 1973 im Alter von 80 Jahren. SeinenNachfolger Erich Honecker soll Lotte Ulbricht gehasst haben, da erdas politische Erbe ihres Mannes verspielt habe. Ausgerechnet derpolitische Ziehsohn Ulbrichts hatte dessen Sturz zusammen mit Moskau1971 eingefädelt.

Die als Lotte Kühn geborene Ur-Berlinerin, die mit 18 Jahren indie KPD eintrat, war während der Nazi-Zeit ebenso wie ihr spätererMann Walter in die Sowjetunion emigriert. 1945 kehrten sie in denOsten Deutschlands zurück und heirateten 1951 nach der Scheidung vonihren jeweiligen Partnern.

Lotte Ulbricht war zeitweise Sekretärin ihres Mannes und SED-Funktionärin. Mit über 50 Jahren absolvierte sie noch einHochschulstudium und konnte sich seit 1958 Diplom-Gesellschaftswissenschaftler nennen. Nach PDS-Angaben hatte LotteUlbricht eine Adoptivtochter.

Nach der Wende hatte die Ulbricht-Witwe eine verschwundengeglaubte, wertvolle Replik des Gemäldes «Die Schlesischen Weber» vonCarl Wilhelm Hübner (1814-1879) an das Museum für Deutsche Geschichtein Berlin zurückgegeben. Das Bild war im Nachlass ihres Mannesaufgetaucht. Der Staatschef hatte es 1968 zu seinem 75. Geburtstagvom DDR-Ministerrat geschenkt bekommen. Ansonsten blieb es still umdie unnahbare Seniorin.